• Ei tuloksia

5.4 Motivationsfaktoren

5.4.6 Ebene der Wahlbedingungen: Wahl von bzw. gegen

5.4.6.3 Sprachwahl als Entscheidung Dritter

Die im vorliegenden Kapitel vorzustellenden Ergebnisse sind dem Wunsch ge-schuldet herauszufinden, ob und inwieweit Dritte auf die Fremdsprachenwahl einwirken. Insbesondere interessiert hier der Einfluss der Eltern, da in den vo-rausgegangenen Expertengesprächen immer wieder betont wurde, dass die Fremdsprachenwahl auch oft davon abhängig sei, welche Sprachen die Eltern beherrschen. Russisch, so die ExpertInnen, werde gerade deshalb häufig gewählt, weil viele Eltern Russisch beherrschen und deshalb meinen, ihren Kindern Hilfe-stellungen geben zu können. Neben den Eltern interessiert aber auch der Einfluss anderer Personen, etwa von Autoritätspersonen wie Arbeitgebern, Lehrpersonen oder LeiterInnen von Jugendgruppen.

Insgesamt fallen in diese Kategorie sechs Fragen, von denen eine allen Teilneh-menden gestellt wurde, da sie generell das soziale Klima in punkto Deutsch in den Blick nimmt, indem danach gefragt wird, ob die Befragten ein schlechtes Gewissen gegenüber Eltern und / oder Lehrkräften hätten, wenn sie nicht Deutsch lernen. Während den aktuell Deutschlernenden darüber hinaus drei Items zur Stel-lungnahme vorgelegt wurden, die dem Einfluss Dritter gewidmet sind, beurteilten die ehemaligen Deutschlernenden wie auch die Befragten ohne Deutschlern-Erfahrung jeweils nur eine Aussage, die nach dem Einfluss von (fehlenden) Hilfe-stellungen seitens der Eltern fragt.

Bezüglich des Items Ich habe ein schlechtes Gewissen gegenüber Eltern und / oder Lehrern, wenn ich nicht Deutsch lerne (11.37: Man priekaištauja t vai / mokytojai, kad nesimokau vokie kalbos) weist bereits der errechnete Mittelwert von 4,35 (± 1,06) darauf hin, dass das Votum insgesamt zu einer stark ablehnen-den Haltung tendiert, wie auch die folgende Grafik vor Augen führt:

3,1 4,9 9,3 16,1 62,6 3,9 0

10 20 30 40 50 60 70

völlig eher teilweise eher nicht gar nicht k.A.

Ich habe ein schlechtes Gewissen gegenüber Eltern und/oder Lehrkräften, wenn ich nicht Deutsch lerne (in Prozent, n=1019)

Grafik 93. Einfluss Dritter auf die Deutschwahl I

Deutlich wird in Grafik 93, dass die Mehrheit der Befragten, nämlich 78,7%, eher oder gar kein schlechtes Gewissen gegenüber Eltern und / oder Lehrkräften hat, wenn sie nicht Deutsch lernen. Insofern lässt sich ganz allgemein konstatieren, dass das Gros der Befragten in ihrer Entscheidung bezüglich des Erlernens von Deutsch frei entscheiden kann. Es scheint größtenteils kein soziales Klima zu herrschen, das die Deutschwahl zu einem gesellschaftlichen Muss erklärt. Aller-dings finden sich unter den Befragten immerhin noch 8%, die der Aussage eher oder völlig zustimmen, wie auch 9,3%, die ihr teilweise beipflichten. Insgesamt sind es somit noch 17,3% der Befragten, die zumindest teils ein schlechtes Ge-wissen gegenüber Eltern und / oder Lehrkräften haben, wenn sie kein Deutsch lernen. Ungeachtet dessen ist festzuhalten, dass Druck seitens der Lehrkräfte oder der Eltern größtenteils als Motiv für die Wahl von Deutsch auszuschließen ist.

Insbesondere der Kreis der aktuell Deutschlernenden sollte dahingehend befragt werden, inwiefern Eltern oder andere Personen Einfluss auf die Wahl von Deutsch haben. Wenn, wie bereits in Kapitel 5.4.6.1 aufgezeigt, 28,2% eher oder gar nicht der Aussage Ich lerne Deutsch, weil ich es so wollte zustimmen und weitere 20,8% nur teilweise mit ihr konform gehen, stellt sich die Frage, wer in diesen Fällen maßgeblich für die Deutschwahl war. Die im Folgenden zu erläu-ternden Ergebnisse für die Aussagen (1) Ich lerne Deutsch, weil meine Eltern / andere Personen mir beim Deutschlernen helfen können (LERN_7.5: Mokausi vokie kalbos, nes mokantis vokie kalbos man gali pad ti t vai / kiti asme-nys), (2) Meine Eltern möchten, dass ich Deutsch lerne (LERN_7.7: Mano t vai nor jo, kad aš moky iausi vokie kalbos) und (3) Mein Chef oder eine andere Autoritätsperson möchte, dass ich Deutsch lerne (LERN_7.8: Mano vadovas /

kitas autoritetingas asmuo nor jo, kad aš moky iausi vokie kalbos) spiegeln sich einerseits in den Mittelwerten 3,88 (± 1,39) für die erste, 3,40 (± 1,50) für die zweite und 4,19 (± 1,21) für die dritte Aussage wider, andererseits werden sie in folgender Grafik im Detail dargestellt:

5,7

Ich lerne Deutsch, weil meine Eltern / andere Personen mir beim Deutschlernen helfen können (in Prozent, n=505)

Meine Eltern möchten, dass ich Deutsch lerne (in Prozent)

Mein Chef oder eine andere Autoritätsperson möchte, dass ich Deutsch lerne (in Prozen

völlig

Grafik 94. Einfluss Dritter auf die Deutschwahl II (Deutschlernende)

Ein erster Blick auf die Grafik 94 zeigt, dass die Aussage Mein Chef oder eine andere Autoritätsperson möchte, dass ich Deutsch lerne am deutlichsten Wider-spruch erfährt, was auch im Mittelwert von 4,19 zum Ausdruck kommt. Hier stimmen lediglich 10,8% eher oder völlig zu, während 72,1%, also fast drei Vier-tel der Befragten, eher oder vollkommen dagegen votieren. An zweiter SVier-telle folgt die Aussage Ich lerne Deutsch, weil meine Eltern / andere Personen mir beim Deutschlernen helfen können mit insgesamt 322 Personen, die dem eher oder gar nicht beipflichten, was 63,7% entspricht. Allerdings sind es immerhin 17,4% der Deutschlernenden, die eher oder völlig mit der Aussage konform ge-hen, und weitere 14,7%, die zumindest teilweise deshalb Deutsch lernen, weil ihre Eltern oder andere Personen ihnen helfen können. Dennoch lässt sich konsta-tieren, dass sich beide Gründe – also zum einen der Wunsch von Autoritätsperso-nen und zum anderen die Hilfe der Eltern oder anderer PersoAutoritätsperso-nen – als Grund für die Deutschwahl weitgehend ausschließen lassen. Etwas weniger eindeutig sieht das Antwortverhalten bezüglich der Frage Meine Eltern möchten, dass ich Deutsch lerne aus: Hier sind es etwas mehr als die Hälfte der Befragten, nämlich 50,1%, die eher oder gar nicht der Meinung sind, dass ihre Eltern möchten, dass sie Deutsch lernen. Jedoch sind es insgesamt mehr als ein Viertel der Befragten (27,9%), die bestätigen, dass sie Deutsch lernen, weil ihre Eltern es so wünschen,

bei weiteren 14,7% ist es zumindest teilweise so, dass sie dem Wunsch ihrer El-tern folgen.

Insgesamt kann man somit sagen, dass zwar der Chef oder andere Autoritätsper-sonen wenig Einfluss auf die Wahl von Deutsch besitzen, dafür aber bei mehr als 40% der Befragten die Eltern zumindest einen gewissen Einfluss auf die Ent-scheidung, Deutsch zu lernen, besitzen, auch wenn mögliche Hilfestellungen sei-tens der Eltern nicht ausschlaggebend für die Wahl sind. Vergleicht man die Zah-len mit jenen der Frage, ob die Befragten aus eigenem Wunsch Deutsch lernen oder nicht, so zeigt sich, dass sich die Prozentangaben gegenseitig stützen. Wäh-rend 28,2% (143 Personen) eher oder völlig der Aussage widersprechen, dass sie Deutsch lernen, weil sie es wollen, sind es 27,9% (141 Personen) die auf Wunsch ihrer Eltern Deutsch lernen. Gerade bezüglich dieser Gruppe – eingeschränkt gilt dies auch für jene, die für teilweise bei diesen Aussagen votieren – lässt sich ver-muten, dass sie weniger motiviert sind, Deutsch zu lernen, da die Sprachwahl nicht auf ihren eigenen Wunsch zurückzuführen ist.

Wie bereits herausgestellt, waren mögliche Hilfestellungen seitens Dritter für die Mehrzahl der aktuell Deutschlernenden kein ausschlaggebendes Kriterium für ihre Entscheidung, Deutsch zu lernen. Hiermit korrespondierend, wurden auch die ehemaligen Deutschlernenden wie auch die Teilnehmenden ohne Deutschlern-Erfahrung nach dem Einfluss von möglichen Hilfestellungen seitens der Eltern oder anderer Personen auf ihre Entscheidung, Deutsch abzuwählen oder nicht zu lernen, befragt. Ein erstes Stimmungsbild vermitteln die errechneten Mittelwerte von 3,59 (± 1,42) für die Gruppe der ehemaligen Deutschlernenden und 3,25 (± 1,48) für die Gruppe der Befragten ohne Deutschkenntnisse. Die nachstehende Grafik macht es darüber hinaus möglich, das Antwortverhalten beider Gruppen detailliert zu vergleichen:

18,8

EX: Ich lerne heute kein Deutsch mehr, weil meine Eltern / andere Personen mir beim Deutschlernen nicht helfen können (in Prozent)

NIE: Ich lerne nicht Deutsch, weil meine Eltern / andere Personen mir beim Deutschlernen nicht helfen können

(in Prozent)

Grafik 95. Einfluss Dritter auf die Deutschwahl III (ehemalige Deutschlernende und Befragte ohne Deutschlern-Hintergrund)

Grafik 95 veranschaulicht, dass zwar in der Tendenz das Antwortverhalten beider Gruppen ähnlich ist, die Gruppe der ehemaligen Deutschlernenden jedoch noch entschiedener der Aussage Ich lerne heute kein Deutsch mehr, weil meine Eltern / andere Personen mir beim Deutschlernen nicht helfen können widerspricht. Wäh-rend 44,3% der Befragten ohne Deutschlern-Hintergrund eher oder gar nicht der Auffassung sind, dass sie kein Deutsch lernen, weil sie keine Hilfestellungen von ihren Eltern oder anderen Personen bekommen können, sind es bei den ehemali-gen Deutschlernenden sogar mehr als die Hälfte der Befragten, nämlich 56,7%, die eher oder gar nicht meinen, dass sie deshalb Deutsch abgewählt haben, weil ihre Eltern oder andere Personen ihnen nicht helfen konnten. Nichtsdestotrotz sind es immerhin noch ein Viertel der ehemaligen Deutschlernenden und sogar mehr als 30% der Befragten ohne Deutschlern-Hintergrund, die eher oder völlig der jeweiligen Aussage zustimmen, mithin dem Umstand, dass ihnen niemand beim Deutschlernen helfen kann, Relevanz für ihre Deutschab- bzw. -nichtwahl attestieren.

Insofern scheinen Hilfestellungen seitens der Eltern oder anderer Personen zwar nicht für die Mehrheit aller Befragten ausschlaggebend für die Ab- oder Nicht-wahl von Deutsch zu sein. Dennoch ist dieser Faktor nicht gänzlich außer Acht zulassen, da er für mehr als 32% der Deutschlernenden, 42% der ehemaligen Deutschlernenden und mehr als die Hälfte der Befragten ohne Deutschlern-Erfahrung zumindest teilweise ein Motiv für die Wahl oder eben für die Ab- bzw.

Nichtwahl von Deutsch war.

Alles in allem konstatieren zwar fast 80% der Befragten, dass sie kein schlechtes Gewissen gegenüber dritten Personen haben, wenn sie nicht Deutsch lernen, den-noch aber haben gerade Eltern einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Wahlverhalten der Befragten. So sehen sich mehr als 40% der Deutschlernenden jedenfalls teilweise vom Wunsch ihrer Eltern in ihrer Wahl von Deutsch beein-flusst. Auch Hilfestellungen seitens der Eltern und möglicher anderer Personen sind zwar nicht für die Mehrzahl, aber doch für eine recht große Gruppe der Be-fragten wichtig.