• Ei tuloksia

Scheidemantels Artikel trägt den Titel Deutscher Bühnen- und Konzertge-sang (1906). Seine Entscheidung in dieser Zeitung zu publizieren erstaunt ein wenig, denn es handelte sich um eine Wochenzeitung, die eher für die breite Öffentlichkeit bestimmt war und deren „Zeitschriftenkonzept […] auf die

Be-105 Scheidemantels Übersetzungen von Così fan tutte und Don Giovanni von Mozart wer-den noch heute im Opernführer von Kloiber und Kunold (2002) erwähnt.

106 Bernhard, 1891.

richterstattung mit möglichst aktuellen Bildern setzte“.107 Die Zeitung hatte zwar auch einen Musikteil, doch kann man sie nicht mit fachspezifischen Zeit-schriften wie Die Musik vergleichen. Es war wohl Scheidemantels Wunsch, sei-ne Gedanken eisei-nem möglichst breiten Publikum mitzuteilen. Vielleicht waren seine Ansichten auch nicht spezifisch genug für eine Musikzeitung.

Auffallend sind der nationalistisch gefärbte Ton und der Umstand, dass die Thesen Scheidemantels fast schon propagandistische Züge tragen. Seine Rhetorik passte jedoch zur politischen Couleur der Zeitschrift, galt doch de-ren Verleger, August Scherl (1849 –1921) als rechtskonservativ.108 Till Bas-tian spricht gar von dem „rechtsradikalen Verleger[] August Scherl“.109 Die Entscheidung Scheidemantels für diese Zeitschrift mag also politische Gründe gehabt haben. Hierfür gibt es auch weitere Indizien.

An sich beschäftigt sich Scheidemantel mit dem Unterschied zwischen Bühnen- und Konzertgesang in Deutschland. Hierbei wird deutlich, dass er der Gesangskultur in Deutschland einen von Wagner beeinflussten Nationalismus übertragen wollte. Dies findet ihre Kernaussage darin, dass die Opernkunst in Deutschland „immer besser“ würde, wenn sie „deutscher“ gestaltet würde.110 Das „Wesen“ der „deutschen Gesangskunst“ sieht Scheidemantel in den Schrif-ten Wagners erläutert. Die meisSchrif-ten deutschen Bühnensänger hielSchrif-ten sich je-doch nicht an die „reformatorischen Ansichten“ des Komponisten, sondern bedienten sich – „im „welschen Joch“ befangen“ – einer „Kompromißgesangs-kunst“, die dem deutschen Bühnengesang nicht zuträglich sei.111 Scheideman-tel benutzt auch Begriffe wie: „charakterlos“, „stillos“, „welsche Manier“, wenn er von der „italienische[n] Methode“ spricht. Das Ziel des deutschen Opernsän-gers sei es, „seinen deutschen Stil rein zu halten“.112 Dies nennt der Autor auch

„die Erlösung aus dem Kompromißzustand‘“, ein für heutige Ohren unheimlich klingender Satz, bedenkt man die Vorgänge, die wenig später in Deutschland geschahen. Scheidemantel bezieht dies jedoch lediglich auf den Gesangsstil und findet es andererseits besser, französische oder italienische Werke in der Originalsprache aufzuführen, anstatt sie im „blödsinnigsten Operndeutsch“

auf die Bühne zu bringen.113

107 Richstein, 2009, S. 228 (Fußnote).

108 Reul, 2007.

109 Bastian, 2000, S. 89.

110 Scheidemantel, 1906, S. 758.

111 Ebd.

112 Ebd. S. 759.

113 Ebd. S. 758f.

Den Gegensatz dazu bildet, laut Scheidemantel das „aus dem deutschem Geist geborene deutsche Lied“, das er in der „stilreinen“, „genialen Meister-schaft“ Schuberts am vollkommensten verwirklicht sieht.114 Das Lied sei nicht nur die „innige Verschmelzung von Poesie und Musik“, sondern sei auch von einer „Sehnsucht nach Deutschtum“ getragen, die durch die Aufführungen von Künstlern, „deren deutsche Gesangskunst den ganzen ihm innewohnenden Zauber zu enthüllen vermochte[n]“, zu einer „führenden Herrschaft“ im Kon-zertsaal gelangt sein.115 Das Lied als Kunstform stand also für Scheidemantel viel höher als die Opernkunst und wurde gar zu einem Vehikel des Nationalis-mus umfunktioniert.

Ferner instrumentalisiert Scheidemantel seinen Lehrer Stockhausen, indem er ihn zu einem Prototyp des deutschen Sängers stilisiert.116 Zwar sei 114 Ebd. S. 757f.

115 Ebd. S. 758.

116 Gegenüber Hunnius soll Stockhausen im Unterricht geäußert haben: „Sie sind Sla-Abb. 9. Die Woche wurde

später von den Deutsch-nationalen als Sprach-rohr verwendet. Zu Scheidemantels Zeit fun-gierte sie als politisches Gegengewicht zu den von Ullstein und Mosse herausgegebenen Zeit-schriften, die als liberal galten. Foto: Manfred Brückels.

Stockhausen in Paris aufgewachsen und ein Schüler von Manuel García am Pariser Conservatoire gewesen, doch sei er „trotz aller französischer Einflüsse in seinem innersten Wesen deutsch“.117 Der Werdegang Stockhausens gilt für Scheidemantel als Beispiel dafür, dass die Belcanto-Methode für das „deutsche Lied, die deutsche Ballade und das deutsche Oratorium“ nicht geeignet seien und dass es Stockhausen darum ging „eine deutsche Gesangsbildung zu be-gründen, wie sie Wagner für den deutschen Gesang“ forderte.118

Was Scheidemantel nicht erwähnt ist, dass nicht alle Elemente der Ge-sangsmethode Stockhausens mit Wagners Forderungen übereinstimmten und dass Stockhausen ein sehr kritisches Verhältnis zu Wagner hatte. Stockhau-sen war nach Meinung seiner ehemaligen Schülerin Monika Hunnius (1858–

1934) ein „ausgesprochener Gegner Wagners, worin seine Schüler ihm zum Teil getreulich nachfolgten“.119 Zu den Schülern, die eine andere Meinung hat-ten, schreibt sie:

Es gab aber unter den Schülern welche, die sich selbstständig in Wagner-sche Musik vertieften, sich für ihn begeisterten, seine Größe verehrten und Stockhausen einseitig nannten. Doch wurden diese Urteile nur flüsternd ge-geneinander ausgesprochen: denn wer hätte es gewagt, dem Meister, dem Selbstherrscher, entgegenzutreten.120

Weitere Hinweise zu Stockhausens Antipathie gegen Wagner liefert sein Briefwechsel mit seiner Frau Clara. Stockhausen besuchte die Bayreuther Festspiele im Jahre 1876. Zwar erzählte er seiner Frau von einer „unbeding-ten Bewunderung“ für die Werke Wagners, doch schrieb er ihr auch: „Aber Du

vin und darum schlaff. Wären Sie eine Deutsche, so hätten Sie die Hindernisse in Ihrer Stimme längst überwunden. Die Slaven haben keine Kraft“. Diese Aussage lässt vermuten, dass Stockhausen an die Überlegenheit der „arischen“ oder „germanischen Rasse“ glaubte, wie Arthur de Gobineau (1816–1882) sie proklamierte. Womöglich wa-ren ähnliche Aussagen Stockhausens ein Beleg für Scheidemantel, dass Stockhausen

„in seinem innersten Wesen deutsch“ sei. Ferner hatte de Gobineau großen Einfluss auf Richard Wagner. Wagner hatte de Gobineau mehrmals getroffen und beschäftigte sich mit seinem Hauptwerk Essai sur l’inégalité des races humaines (1853–1855). Da Stockhausen des Französischen mächtig war, kann es durchaus sein, dass er Gobi-neaus Werk in der Originalsprache gelesen hatte. Es finden sich allerdings keine wei-teren Querbezüge zur Rassentheorie de Gobineaus in Stockhausens gesangspädagogi-schen Schriften. Später kritisierte Stockhausens Tochter Julia Wirth Hunnius‘ Buch in Bezug auf „Unsachlichkeiten“ sowie „falsche […] Behauptungen“. Vgl. Hunnius, 1927, S. 79 und Wirth, 1927, S. 518.

117 Scheidemantel, 1906, S. 758.

118 Ebd.

119 Hunnius, 1927, S. 74.

120 Ebd.

weißt, wir sind eine geschmacklose Nation und können nur selten das rechte Maß finden. Wagner ist ein neuer Beweis für diesen Fehler der Nation“.121 Die Vorstellungen in Bayreuth waren nach Ansicht des Pädagogen „höchst unvoll-kommen“.122 Dass Scheidemantel seinen Lehrer vereinnahmte, hätte diesen bestimmt verärgert, doch war er zu diesem Zeitpunkt schon so krank, dass er nicht widersprechen konnte.123 Immerhin war es auch Scheidemantels Absicht, Stockhausen zu ehren und seiner Bedeutung als Lehrer zu huldigen, doch ge-schah dies auch, um die eigene Position als Lehrer und als Jünger Wagners zu verfestigen.

In Bezug auf die damaligen Wagnersänger waren Schüler und Lehrer ähnlicher Meinung. Hatte schon Stockhausen die „Geschmacklosigkeit“ der Sänger auf dem Grünen Hügel getadelt, kritisiert auch Scheidemantel in sei-nem Artikel die Wagnersänger seiner Zeit, was als Seitenhieb auf das Esta-blishment in Bayreuth verstanden werden kann. Hatte man doch versäumt ihn, den „Bayreuther Künstler par excellence“, für die Neuinszenierung des Lohengrin im Jahre 1894 zu engagieren, obwohl er in der ersten Aufführung des Tannhäusers an der Mailänder Scala sang, sich für die Kunst Wagners einsetzte und von Cosima Wagner respektiert wurde. Entsprechend fällt sein Urteil über die „Nichtsänger“ seiner Zeit aus, die nur aufgrund von „Stimme und Figur“ für ihre Wagneraufgaben bestimmt worden seien. Das Problem sei zudem, dass gerade diese Sänger „die Entwicklung eines einheitlichen Stils unsagbar gehemmt“ und den „deutschen Bühnensänger“ in Verruf gebracht hätten, ein „Nichtskönner“ zu sein, wie Scheidemantel sich echauffiert aus-drückt.124 Im folgenden Satz merkt man die Genugtuung Scheidemantels über die Fehlbesetzungen Bayreuths. Gleichzeitig wird deutlich, dass er sich selbst als einen Bühnensänger empfand, der „etwas gelernt hatte“:

Daß diese „Helden“ unverhältnismäßig bald ihre Stimme verloren, hatte in-sofern Gutes im Gefolge, als die Bühnensänger, die etwas gelernt hatten, nun erst richtig eingeschätzt wurden und der Nachwuchs deutlich erkannte, daß alle Gaben der Natur den Mangel an Technik nicht ersetzen können.125

121 Wirth, 1927, S. 409.

122 Ebd. S. 410.

123 Vgl. ebd. S. 486ff.

124 Scheidemantel, 1906, S. 758. Hiermit meint Scheidemantel wohl den Sänger Alois Burgstaller (1872–1945), der nach Ansicht Slezaks nach nur „zwei oder drei Festspiel-saisons“ seine Karriere beendete. Slezaks Informationen sind jedoch lückenhaft, da Burgstallers aktive Sängerlaufbahn von 1896 bis 1909 währte. Vgl. Slezak, 1965, S.

84f. Siehe hierzu auch Luther, 2002.

125 Scheidemantel, 1906, S. 758.

Mag sein, dass die Beschäftigung mit seinen gesangspädagogischen Wur-zeln in diesem Artikel, der Tod seines Lehrers Stockhausen (Merian-Genast war bereits ein Jahr zuvor gestorben) und, wie er offenbar selbst meinte, die Überlegenheit seiner Gesangstechnik, Scheidemantel schließlich dazu bewo-gen, seine „Gesangstechnik“, die auf Stimmbildung aufgebaut ist, schriftlich zu dokumentieren und daraus ein Lehrwerk zu gestalten.126 Der Artikel in Die Woche war auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, die Grundzüge seiner Ansich-ten einem größeren Publikum bekannt zu machen und sich als Wagner-Spezi-alist zu positionieren. Womöglich wünschte er zudem, eine konträre gesangs-pädagogische Ansicht zu der Bayreuther Stilbildungsschule zu artikulieren, die jedoch auf Forderungen Wagners aufbaute, wie noch zu zeigen sein wird.

Zur selben Zeit soll die pädagogische Arbeit Scheidemantels in Dresden ange-fangen haben. Er hatte also Gelegenheit, seine theoretischen und praktischen Erkenntnisse im Unterricht zu erproben.

Ib.2. Scheidemantel, Wagner und der Belcanto

Um Scheidemantels Prämissen in Bezug auf Wagner besser verstehen zu kön-nen, ist es notwendig zu erörtern, welche Aussagen Wagner über den Gesang machte.127 Hierzu gibt es unterschiedliche und teilweise sich widersprechende Quellen. Wagner war zeitlebens auf der Suche nach geeigneten Sängern für seine Produktionen. Als ein „Theatermensch“ verkehrte Wagner am liebsten mit Sängerinnen und Sängern.128 Er benötigte sie für seine Musikdramen und beschäftigte sich somit mit ihnen als Dirigent und als Komponist. Diese Be-schäftigung und die Suche nach geeignetem Sängermaterial haben in seinen theoretischen und polemischen Schriften ihren Niederschlag gefunden. Ferner arbeitete er mit zwei Gesangspädagogen, die Gesangsschriften herausbrach-ten, nämlich mit Friedrich Schmitt (1812–1884) und Julius Hey (1832-1909).

Es ist davon auszugehen, dass Scheidemantel Wagners Gesammelten Schrif-ten und Dichtungen besaß und sich inSchrif-tensiv mit den SchrifSchrif-ten befasste, da er häufig aus ihnen zitiert. Siegfried berichtet zudem, dass Scheidemantel

126 Auch der Gesangspädagoge Friedrich Schmitt (1812–1877), der als „gesangstech-nischer Assistent“ Wagners arbeitete, sang nur 5 Jahre auf der Bühne. Vgl. hierzu Knust, 2013, S. 40.

127 Die ersten neun Bände der Gesammelten Schriften und Dichtungen erschienen schon zu Lebzeiten Wagners (1871–1873). Ein zehnter Band wurde 1883 posthum veröf-fentlicht. Zwischen 1911 und 1916 ist diese Edition um sechs Bände erweitert wor-den (Sämtliche Schriften und Dichtungen) Vgl. http://lustauflesen.de/richard-wag-ner-schriften/ (besucht am 29.9.2015).

128 Breckenbill, 2013, S. 546.

den Schriftwechsel zwischen Liszt und Wagner in seinem Besitz hatte.129 Wie schreibt nun Wagner über den „italienischen Stil“ den Scheidemantel so kri-tisch beäugte?

Nach Sebastian Stauss ist es nicht möglich, ein eindeutiges Fazit über Wagners Position in Bezug auf den Belcanto zu ziehen.130 In Wagners Pasticcio von Canto Spianato aus dem Jahre 1837 finden sich sehr positive Bemerkungen

129 Siegfried, 1929, S. 53.

130 Stauss, 2010, S. 97. Auch Jens Malte Fischer spricht von einem „ambivalenten“ Ver-hältnis Wagners zum Belcanto. Vgl. Fischer, 2001, S. 529.

Abb. 10. Wie sein großes Vorbild Wag-ner, liebte Scheideman-tel das Pa-thos und die Antike. Hier sieht man ihn als Orest in Glucks Iphigenie auf Tauris.

Scheideman-tel sollte spä-ter großen Erfolg haben als Odys-seus in der Opern-Tetra-logie Homeri-sche Welt des Wagner-Epi-gonen Au-gust Bungert (1845–1915).

Bild: Sieg-fried, 1929, S. 48.

über die „alte italienische Gesangsmethode“.131 Dort heißt es, dass der „echte Kunstgesang […] durch textgemäße Cantabilität und stimmgemäße Bravour bedingt“ sei, aber dass „die echte italienische Gesangsschönheit“ nicht mehr geschätzt würde. Somit könne sie nicht zum „Heil“ der dramatischen Kunst verwendet werden.132 Aus dem selben Jahr stammt auch Wagners Aufsatz Der dramatische Gesang. Auch dort wird der positive Einfluss der Belcanto-Ge-sangstechnik hervorgehoben, indem Wagner von den Erfahrungen von Wil-helmine Schröder-Devrient (1804–1860) erzählt, die in Paris durch die Belcan-to-Gesangtechnik „den eigentlichen Gesang“ kennenlernte und somit ihre Gesangskarriere rettete.133 Dieses Studium (Wagner spricht davon, dass sie Unterricht nahm) hätte dazu beigetragen, dass ihre Stimme ausdrucksvoller wurde. Ferner hätten sich ihre Gesangsausdauer und Stimmkraft potenziert.

In Wagners späteren Schriften wird ein negativeres Bild über die vorherr-schenden Gesangsmethoden gezeichnet, womit wohl in erster Linie die Belcan-to-Methode gemeint ist, da er 1868 über den Gesang in Deutschland postuliert:

„Nun ist aber bisher die Gesangsstimme einzig nur nach dem Muster des ita-lienischen Gesanges ausgebildet worden; es gab keinen anderen“.134 Weiterhin heißt es beispielsweise in seiner Über die Aufführung des Tannhäuser aus dem Jahre 1852, dass Tenöre sich viel zu sehr auf die Gesangsmanieren (damit sind Mordente, Triller, Doppelschläge usw. gemeint, die ein wesentlicher Teil der Belcanto-Tradition sind) konzentrieren würden. Diese Herangehensweise würde es unmöglich machen, die Rolle des Tannhäuser richtig zu gestalten.135 Weitere Beispiele über Wagners Kritik an der Belcanto-Methode und vor allem ihren Nutzen für die deutsche Gesangskunst werden später in dieser Schrift geliefert (vgl. Kap. III.5.3.), doch sei hier kurz zusammengefasst, dass Wagner besonders die Ausbildung der deutschen Sänger kritisiert. Die Sängerinnen und Sänger würden durch einen „fremden Gesangstypus“ fehlgeleitet werden und somit nicht imstande sein, deutsche Gesangswerke korrekt aufzuführen.136

Wagner scheint schon im Jahre 1840 zu der Erkenntnis gekommen zu sein, dass die „virtuose“ italienische Opernkunst nicht kompatibel sei mit der deutschen Opernkunst. So schreibt er anlässlich einer Aufführung von Mo-zarts Don Giovanni über seine „früheren leichtfertigen Ansichten über die

Mit-131 Wagner-SuD Bd. 12, S. 5.

132 Ebd. S. 9.

133 Ebd. S. 17.

134 Sämtliche Schriften und Dichtungen: Achter Band, S. 326. Digitale Bibliothek Band 107: Richard Wagner: Werke, Schriften und Briefe, S. 3855 (vgl. Wagner-SuD Bd. 8, S.

188).

135 Vgl. Wagner-SuD Bd. 5, S. 156, 136 Wagner-SuD Bd. 8, S. 135.

tel der Musik“ in Bezug auf die italienische Oper, die nun erschüttert seien. Als Grund nennt er die Art, wie Giovanni Battista Rubini (1794–1854) die Rolle des Don Ottavio in einer Pariser Aufführung gesungen hätte, der Wagner bei-wohnte. Rubini soll den ganzen Opernabend unhörbar gesungen haben, bis auf ein einziges, hinzugefügtes hohes B in der Don Ottavio Arie Il mio tesoro intanto. Zum Bedauern Wagners sei dies für das Pariser Publikum der Hö-hepunkt des Abends gewesen und nicht die Schönheit der Opernkomposition Mozarts.137 Hieraus kann zusammengefasst werden, dass Wagners Kritik sich gegen sängerische Eigenwilligkeiten richtete, wie beispielsweise eingefügte Kadenzen oder andere Veränderungen im Gesangspart, die den Singenden in den Mittelpunkt setzen, die Deklamation des Textes entstellten und den Wil-len des Komponisten verunstalteten. Ferner kritisierte er die schlechte Text-verständlichkeit bei Sängerinnen und Sängern, die Deutsch sangen. Auch dies führte er zurück auf den negativen Einfluss der italienischen Belcanto-Kultur, wie später dargelegt wird.138

In seiner Gesangsbildung zitiert Scheidemantel zwei späte Schriften Wag-ners: Über die Aufführung des Tannhäuser (1852) sowie Über Schauspieler und Sänger (1872). Somit übernimmt er negative Auffassungen Wagners über den italienischen Stil. Wie schon in dem obigen Zeitungsartikel zu lesen war, macht Scheidemantel dies zu einer seiner Kernaussagen. In seinem Lehrwerk benutzt Scheidemantel außerdem Wagners Bericht an Seine Majestät den Kö-nig Ludwig II. von Bayern über eine in München zu errichtende deutsche Mu-sikschule. Dies verbindet ihn mit Julius Hey, der mit Wagner zusammenarbei-tete.

Ib.3. Auf der Suche nach einem vaterländischen Belcanto: