• Ei tuloksia

2 T. E. Ka r s t e n.

N ach den letzteren w äre das fragliche, besonders aus der zeit der V ölkerw anderung bodenkundlich so ausserordentlich reich bezeugte ö sterbottnische Siedlungsgebiet um 800 nach Chr.

von den m enschen so g u t wie verlassen w orden, denn spätere, au f feste besiedlung hinweisende funde w ären aus dieser zeit n ich t b ek a n n t. M öglicherweise h ä tte n — sagt m an — die wi- kingerzüge die hauptsächlich germ anische u n d ihren tra d itio ­ nen nach kriegerische bevölkerung in ihre Strudel gezogen. Z u ­ näch st h ä tte m an an die niederlassungen der w aräger u n d kol- bäger in E u sslan d zu denken. Die p h an tastisch e auffassung h a t ganz vor kurzem einen neuen energischen V ertreter gefunden:

in dem Steinzeitarchäologen A. Eubo pa eu s, zuletzt in den F U F X V III, Anzeiger, p. 36 ff. Die fü r die angebliche, n ich t w e­

niger als etw a vier ja h rh u n d e rte um fassende süd ö sterb o ttn i- sche k u ltu ru n terb rech u n g herangezogenen archäologischen gründe sind durchaus n egativer a r t, u n d angesehene archäolo- gen wie der Schwede Oscab Mo n telius u n d der finne Ju l iu s

Ailio haben in dieser begründung nichts zw ingendes finden können. A ber Eubopaeus will der von unserer älteren h isto ­ risch-archäologischen schule kanonisierten auffassung treu bleiben u n d sucht sie sogar durch positive gründe zu stü tzen . E r scheut sich n ich t einm al, ein ihm bisher ganz frem des ge­

b iet zu b etre ten , dasjenige der ortsnam enforschung, u n d sucht so die grundlage m einer bew eisführung zu z e rtrü m m ern . D er erste stoss geschah in einem in der F innischen A ltertum sgesell­

schaft (in H elsingfors) gehaltenen v o rtra g ü ber sü d ö sterb o ttn i- sche Siedlungsprobleme. Die h au p tp u n k te des vortrages w urden m ir zuerst b e k a n n t durch ein zeitungsreferat, u n d in m einem oben erw ähnten selbstbericht F U F X V II, Anz. habe ich den anscheinend vielleicht w ichtigsten von ihnen schon w iderlegt.

D er g enannte v o rtra g w urde ab er b ald in vollständiger a b f a s - . sung veröffentlicht (K alevalaseuran vuosikirja V, 1925 p. 144—

188) u n d kurz nachher von m ir in der finnischsprachigen Zeit­

schrift »Valvoja-Aika» 1925 (p. 345— 360) einer eingehenden k ri­

tik unterzogen. Seitdem h a t Eu bo pa eu s seine säm tlichen argu- m ente in deutscher spräche referiert (F U F X V III, Anz. p. 36—

45). E r versucht allerdings hier, die in jen er polem ik vorge­

Landhebung und Ortsnamenchronologie. 3

b ra c h te n sachlichen ein wen dun gen zu berücksichtigen, und seine beh au p tu n g en sind je tz t etw as w eniger schroff ableh­

nend. Im m er noch sind hier ab e r so viele grobe entstellungen des tatb e sta n d e s übriggeblieben, dass ich — auch im interesse d er leser der angesehenen Zeitschrift, die den betreffenden aufsatz b rin g t — die vom gesichtspunkt einer m ethodischen ortsnam enforschung auffälligsten auch hier glaube zu rech t­

legen zu m üssen.

Z uerst einige prinzipielle bem erkungen. Ettropaetjs beru ft sich au f eigene höhenm essungen, die er bei altersbestim m un- gen vorgeschichtlicher w ohnplätze herangezogen habe, und es s te h t ihm fest, »dass dieses verfahren bei der d atieru n g von O rtsnam en in keinem fall zu sehr ex a k te n ergebnissen führen k an n u n d dass auch die m öglichkeiten gröberer irrtü m e r rech t gross sind». N am entlich die w ohnplätze, dörfer u n d gehöfte h ä tte n — m eint er — öfters schon ursprünglich ziem lich w eit von der b u ch t, dem sund usw. gelegen, w onach sie b e n a n n t sind. U n d die nam en der Siedlungen sollten oft m it der bevöl- kerung selbst sogar verhältnism ässig w eit von ihren u rsp rü n g ­ lichen o rten gew andert sein. Diese darstellung der sache v er­

r ä t erstens ein fundam entales m issverständnis des leitenden gedankens meines Verfahrens. Meine höhenm essungen bezie­

hen sich tatsäc h lich niem als auf »Siedlungen» an sich: au f w ohn­

plätze, dörfer oder gehöfte, wie Europaeus m eint, n u r a u f e i n ­ z e l n e p u n k t e d e r n a t u r l a n d s c h a f t , deren n a ­ m en von der n a tu r der u n tersu c h te n plätze b estim m t sind u n d ihnen offenbar von an fan g angehören. Es ist hier gleichgültig, in welcher entfern u n g die betreffende Siedlung von dem nivel­

lierten platze liegt: die hauptsache ist, dass dieser p latz selber einen hier in b e tra c h t kom m enden, dem betreffenden platze ureigenen schwedischen oder finnischen nam en t r ä g t.1 E in

1 In seiner in dieser Zeitschrift (FUF XVIII. Anz. p. 46 ff.) erschie­

nenen besprechung meiner schrift »Germanerna» äussert — dies sei hier beiläufig angem erkt— Y. H. Toivonen p. 48 u. a.: »Prof. K. hat n atür­

lich auch in diesem werke gelegenheit, von den in Südösterbotten ausge­

führten höhenmessungen zu sprechen, auf grund deren angeblich manche schwedisch- und finnischsprachigen (natürlich ursprünglich

germa-4 T. E. Ka r s t e n.

blick auf die in S vensk bygd I I p. 319 ff. m itgeteilten t a ­ feln der b en ü tzte n abw ägungen u n d ih rer ergebnisse genügt, um dies zu zeigen: die abgew ägten plätze sind sam t u n d son­

ders durch sog. n a tu rn a m e n gekennzeichnet, auch wo sie in ­ nerhalb einer dichteren Siedlung liegen. Meine höhenm essungs- berechnungen suchen also eine a n tw o rt au f die frage, seit w ann eine föhrde, eine b u ch t, eine insei usw. ih ren nam en trä g t, lässt ab er die frage nach dem anfang der eigentlichen besiedlung des betreffenden ortes u n b ea n tw o rtet; u n d eine grosse menge der von m ir ihrem a lte r nach b estim m ten p u n k te des terrain s nischen!) Ortsnamen als nahezu zweitausend jahre alt erwiesen werden können . . . ». Die eingeschobene parenthese (mit ihrem ausrufungs- zeichen) bedeutet eine entstellung der tatsachen und zeigt besser als alles andere, wie schwer es für einen in alten Vorurteilen befangenen be- sprecher ist, über unsere ortsnamenkundlich bezeugten nationalitäten- verhältnisse zu urteilen. Dass ich die finnischen ortsnamen in den jetzt schwedischsprachigen landesteilen in Südösterbotten als ursprünglich finnisch erklärt habe oder habe erklären wollen in den ausserordentlicli zahlreichen fällen, wo sie es wirklich oder anscheinend sind — denn es kommen fälle vor, wo die entscheidung schwer ist — wird der unpar­

teiische leser meiner Schriften (vor allem von »Svensk bygd i Österbot­

ten») ohne weiteres eingestehen. Z. b. in der alten gemeinde Vörả: im jahre 1910 hatten hierselbst unter 6,989 anwesenden nur 759 finnische muttersprache; von den im ganzen 18 dorfnamen werden nichtsdesto­

weniger nur 4 von mir in Svensk bygd II p. 274 f. als schwedisch erklärt, alle übrigen als ursprünglich finnisch. Und in der gemeinde Gamla- karleby: unter 4,439 anwesenden i. j. 1910 redeten nur 385 finnisch, aber unter den 13 dorfnamen sind bei mir nur 5 schwedisch. Dass unter den tausenden von namen, die ich hier untersucht habe, einer oder der andere falsch beurteilt sein kann, ist möglich, aber das kommt von den anerkannten Schwierigkeiten des gebietes. Die fehler liegen aber nicht immer auf der seite des namenforschers, auch der kritiker, der doch immer besser unterrichtet ist, kann sich zuweilen irren. Z. b.

wieder Y. H. Toivonen in FUF XVIII, Anz. p. 48. Meine Wiedergabe der bekannten v. SABLER’schen deutung des Ortsnamens Pihkova- Pskow (Estland) < Fisk-awä hätte »ruhig wegbleiben können». Diese deutung gehört zu den zwingend richtigen. Toivonen hat sie offenbar nicht im original gelesen. Vgl. jetzt auch E. Schwarz, Die Frage der slavischen Landnahmezeit in Ostgermanien. Ein kritischer Über­

blick des derzeitigen Forschungsstandes (Mitt. des Österreich. Insti­

tuts für Geschichtsforsch., bd. 43, s. 237); er findet v. Sablers deu­

tung einwandfrei.

Landhebung und ortsnam enchronologie. 5

liegen tatsäch lich m ehr oder w eniger w eit von einer bew ohn­

te n gegend. U n d dass die Ortsnamen w andern, ist doch keine entdeckung von Eu ro pa euS: schon m eine ö sterbottnischen orŧsnam ensam m lungen (Svensk bygd i Ö sterb o tten I I p. 331—

347) en th alten überaus zahlreiche heispiele von solchen na- men: w enn z. b. das gehöft u n d dorf Flaaminki im kirchspiel V ähä-K yrö sich an einem niedrigeren teile desselben flusses, im kirchspiel M ustasaari (unter dem nahe verw an d ten nainen Fleming) w iederfindet, wenn das schwedische w ort minne 'm ü n d u n g ’ im nam en Kyrobominne ( = Iso-K yrö), schon i. j.

1443, auch 2-3 m eilen w estlicher, an der gegenw ärtigen m ü n ­ dung des K yröflusses im nam en Norrminne = 'nördlichere flussm ündung’ a u f tr itt usw., usw. E s sind dennoch n u r sied- lungs- (d. h. dorf- u n d gehöft-) nam en, also nam en individueller a rt, die in dem eigentlichen sinne des w ortes w andern. Appel- lativ isch gebrauchte n atu rn am en , um die es sich bei meinen höhenm essungen handelt, w andern n u r insofern, als sie einen integrierenden teil des W ortschatzes bilden, der von einer neu- angesiedelten bevölkerung m itg eb rach t u n d zu neuer nam en- gebung angew andt w ird (vgl. das soeben an g eführte w ort minne 'flussm ündung' oder w orte wie schwed. fjärd ’fö h rd e’, vik ’b usen’, sund ’m eerenge’, ö 'insel', finn. saari id., usw.).

Aber auch diese neue nam enschöpfung ist eine prim äre, die von der n aturbeschaffenheit der betreffenden terrain teile b e­

d ingt ist, wie bei m einen nam enuntersuchungen in Ö sterb o t­

te n in jedem besonderen falle durch genaue okulare besichti- gung festgestellt w urde. So könnte z. b. ein hoher w aldabhang nam ens Beiksor (aus finn. Reikä-saari = 'hohle insei’), dicht bei dem alten dorfe Rekipeldo (aus finn. Reikä-pelto = 'h o h ­ les ackerfeld’) im südlichen Yörä, wo m eine w ichtigsten höhen­

m essungen u n d höhenberechnungen gem acht w urden, schw er­

lich in dieser n atu ru m w elt den finnischen nam en -saari ('in ­ sel') trag en , w enn der betreffende hohe w aldabhang bei der nam enschöpfung nich t m ehr in der nähe eines wassers gelegen h ä tte . Die insei E eiksor liegt tatsäch lich an der seite eines a l­

ten , je tz t ausgetrockneten m eeresbusens, der in seinem alten , schon aus der m itte des 16. jah rh u n d e rts b e k a n n te n nam en

6 T. E. Ka r s t e n.

’H a v ä n d a n ’ (== ’M eeresende’) noch fo rtle b t. W äre die frag ­ liche ’insel’ erst sp äter g e ta u ft w orden, nachdem der besagte m eeresarm von hier schon zurückgew ichen w ar, so w äre sie finnisch mäki (schwed. backe) ’an h ö h e’ g en a n n t worden.

Alles dies erg ib t sich schon ans m einem buche »Svensk bygd i Ö sterbotten» I - I I , ab er Euro pa eu s h a t sich m it dem selben offenbar zu flü ch tig b e k a n n t gem acht. D a rau f d e u te t auch anderes in seinen bem erkungen. W as die schon oben b erü h rte b eh a u p tu n g , dass meine O rtsnam endatierungen nich t zu »sehr exakten» ergebnissen geführt h ä tte n , im übrigen b e trifft, m uss ich — wie schon in Svensk by g d I I p. 318 ff. — ausdrücklich betonen, dass ich au f g ru n d dieser höhenberechnungen an- sprüche au f »sehr exakte» Zeitangaben nie erhoben habe. Die idee der m ethode ist wohl m eine eigene, denn andersw o sind m eeresonom atologische U ntersuchungen dieser a r t meines Wis­

sens nie zu r ausfü h ru n g gekom m en. A ber die neue m ethode w urde von unseren vornehm sten V ertretern der in b e tra c h t kom m enden naturw issenschaftlichen forschungszweige gebil­

ligt u n d n u r m it i h r e m hilfsbereiten b eistan d glücklich d u rc h ­ geführt. V or allem erw ähne ich auch hier, dass die lan d h e­

bungschronologischen bestim m ungen von prof. B . Wittin g

herrühren, einer a n e rk an n ten a u to ritä t des betreffenden ge- bietes. Ü ber die allgem einen grundsätze, die hier befolgt w u r­

den, h abe ich in »Svensk bygd» I I p. 318 f. re c h t ausführlich b eric h tet. Aus prof. Wittings d o rt ab gedruckten m itteilu n - gen erhellt, dass seine altersan g ab en in der t a t n u r als sehr u n ­ gefähr zu gelten haben, keinesfalls als »sehr exakt», wie Euro­

pa eu s b e h a u p te t. »För en p å m å ttlig höjd över h a v e t belägen o rt — sagt Witt in g — bör denna dess höjd d ärför ge en un g e­

färlig uppgift om tid en , d å o rten v a r i h av sb ry n eŧ . . .» U n d die eventuellen kleineren Schwankungen in der In te n sitä t der landhebung w ährend der letzten 2,000 ja h re sind in Wittings berechnungen m it der nötigen Vorsicht durch obere u n d u n ­ te re altersgrenzen b e a c h te t w orden, wie in m einem selbstbe­

ric h t (F U F X V II, Anz. p. 44—46) — au f den ich hier verweise — bereits hervorgehoben w urde. Gegen das bei m ir angew andte m ethodische verfah ren ist von w irklich sachkundiger seite bis

L andhebung und Ortsnamenchronologie. 7

je tz t nichts vorg efü h rt w orden, was geeignet w äre, die Zuver­

lässigkeit m einer m ethode zu verdächtigen. D enn Europaetjs

ist kein fachm ann au f diesem gebiete. Ic h bezweifle nicht, dass er seine vorgeschichtlichen w ohnplätze rich tig abgew ägt, d. h. ihre höhe ü ber dem m eere zuverlässig angegeben h a t, aber er h a t sie nie in Verbindung m it ihren nam en oder denjenigen d er Umgebung stu d iert, u n d das ist doch hier die hauptsache.

D ass gerade diese aufgabe ihm vorläufig frem d geblieben ist, zeigen auch gewisse unbegreifliche b eh auptungen in seiner k ri­

tik . M ehrere von m einen höhenm essungsberechnungen w ären nach ihm nich t m it der nötigen k ritik ausgeführt, beispiels­

weise w enn ich den nam en Lappfjärd (»Lappenföhrde») auf g ru n d einer neben der kirche des kirchspiels aufgenom m enen höhenm essung datiere. E rsten s ste h t die k o rrek th eit der hö- henangabe auch hier über allem zweifei. I n diesem falle, wie in gewissen anderen, w urde die m essung nicht erst fü r meine Spezialuntersuchung vorgenom m en, sondern sie sta m m t aus dem offiziellen werke »Finlands precisionsnivellem ent u tg iv n a av Ö verstyrelsen för väg- och v atten b y g g n a d ern a i Finland»

(H elsingfors 1910). Die rich tig k eit der L appfjärd-höhe (10,998 od. 11 ü. m .) b e stä tig t sich dadurch, dass die höhe des nächstfolgenden »fixpunkts», ungefähr auf halbem wege zur m eeresküste, etw a um die h älfte niedriger ist (5,з . . . ü. m.).

Die beiden p u n k te befinden sich au f niedrigem boden u n d sind m assgebend fü r die höhenw erte der ganzen Umgebung. Die ge- gend um die kirche sta n d (nach Svensk by g d i Ö sterb o tten I I p. 320) etw a um 600 n. Chr. auf dem niveau der meeresfläche, doch m it einer z e itla titu d e von etw a 400 j ahren: »vid havets y ta sannolikt c. 600 e. K r. ± 200», d. ħ. als obere zeitgrenze gilt ca. 600 - f 200 = 800 n. Chr., als untere zeitgrenze 600—

200 = 400 n. Chr. D er nam e Lappfjärd stam m t also jed en ­ falls aus einer vorhistorischen periode, denn um 800 n. Chr.

w ar die gegend des kirchdorfs wohl schon ein teil des festlan- des. Ic h erinnere hier an das kü sten d o rf Tjöck im selben kirch- spiel: i. j. 1301 erscheint dieser o rt schon als bew ohnt. Auch die bed eu tu n g des nam ens Lappfjärd (»Lappenföhrde») w eist auf eine vorhistorische, der festen (schwedischen) besiedlung v o r­

8 T. E . Ka r s t e n.

angehende zeit hin. In den inneren teilen von L a p p fjä rd fin ­ den sich näm lich n ich t w eniger als 79 steinhügelgräber. D er n ame Lappfjärd b ew ah rt vielleicht ein volkstüm liches anden- ken an die vorhistorischen steinhügelm enschen, denn in K ord- ö sterb o tten gehen die vorhistorischen gräb er zuweilen u n te r dem finnischen nam en lapinkirkot = ’lappen k irch en ’. H ö h e n ­ berechnung u n d onom atologie scheinen einander hier zu stü tzen u n d zu ergänzen.

In betreff m einer behan d lu n g des nam ens L ap pfjä rd ist Euro pa eu s’ k ritik also ganz unb erech tig t. A ber au ch m eine anderen »präsum ierten alte n m eeresküstennam en» w ären nach Etjropaeus grösstenteils zw eifelhaft. D ass sehr viele in der nähe der k ü ste liegende orte, die seinerzeit vom m eer bedeckt oder um geben w aren, aus dem m eere aufgestiegen u n d zu tro k - kenem lan d gew orden, ihren alten nam en au f fi. lahti, laksi, schwed. vik (bucht), fi. saỉmi, schwed. sund (sund), fi. saari, schwed. holme (insei), fi. niemi, schwed. näs, udd (landzunge) usw. behalten haben, sei natürlich, ja feststellbar. A ber d e r­

artig e nam en seien sehr zahlreich auch so w eit vom m eere u n d sogar in gegenden, wo es n ich t einm al binnenseen gegeben h ä tte , anzutreffen, dass sie eine andere erk läru n g verlangten, als ich ihnen gegeben habe. Im kirchspiel V örả, das in m einen U nter­

suchungen am genauesten b eh a n d elt sei, gebe es solche ih rer sprachgestalt nach völlig m oderne nam en zahlreich bis in die h in terlan d streck en in den oberen teilen des kirchspiels, wie aus alte n k a rte n zu ersehen sei: z. b. Långìıolmsmossen ’Lang- inselm oor’, Märasundsmossen ’M ärasundm oor’ u. a. S etzt m an sie als m eeresküstennam en an, wie ich, so w ären sie auf g ru n d der landhebungsberechnungen schon in die Steinzeit zurückzuführen, d. h. sie w ären ca. 3 1/2 ta u se n d jah re a lt. Ä hn­

liche nam en finde m an in grösser zahl auch w eiter im binnen- lan d auf den ebenen M ittel- u n d S üdö sterb o tten s, fern von seen u n d flüssen, sogar an einem ort, der sich schon in der frühen Steinzeit aus dem m eere erhoben u n d seine heutige bevölke- ru n g nach den historischen quellen erst im 16. jh . erh alten habe, nachdem er in der eisenzeit u n d im m itte la lte r unbew ohntes h in terlan d gewesen wäre. F ü r das Vorkommen d erartig er schä­

Landhebung und ortsnam enchronologie. 9

r e n n a m e n f e r n i m b i n n e n l a n d la s s e n s i c h n a c h Eu b o p a e u s m e h r e r e d e u t u n g e n a n f s t e l l e n : d ie n a m e n d e r m o o r g e g e n d e n w ä r e n n i c h t n u r i n Ö s t e r b o t t e n , s o n d e r n a u c h a n d e r s w o i n F i n n l a n d g e g e b e n , a ls w ä r e n d ie m o o r e b in n e n s e e n m i t l a n d - z u n g e n , i n s e in , b u c h t e n u n d s u n d e n , u n d d ie f l a c h l a n d s t r e c k e n Ö s t e r b o t t e n s w ä r e n v o r i h r e r U r b a r m a c h u n g g r ö s s t e n t e il s m o o r e g e w e s e n . Eu b o p a e u s r e c h n e t h i e r d a h e r i n g r o s s e m u m f a n g m i t » s y m b o lis c h e n s c h ä r e n n a m e n » , d ie j e d o c h e b e n f a ll s m i t t e l ­ b a r v o n d e r l a n d h e b u n g h e r r ü h r e n k ö n n t e n , w e i l s ie b e s o n ­ d e r s i n s o lc h e n k i r c h s p i e l e n v o r k ä m e n , d ie i h r e b e v ö l k e r u n g h a u p t s ä c h l i c h v o n d e r k ü s t e b e k o m m e n h ä t t e n : m ö g l ic h e r ­ w e is e h a t t e n d ie k o lo n is t e n e in d e r a r t i g e s n a m e n g e b u n g s p r i n - z i p v o n d e n k ü s t e n d e s m e e r e s m i t g e b r a c h t , w o e s w i r k l i c h a u f d e r l a n d h e b u n g b e r u h t . A u s s e r d e m h ä t t e n d ie b e k a n n t e n g r o s s e n f r ü h j a h r s ü b e r s c h w e m m u n g e n Ö s t e r b o t t e n s , d ie w o c h e n ­ l a n g d ie f lu s s e b e n e n v m t e r w a s s e r s e t z t e n , z u r e n t s t e h u n g e in e r s o lc h e n o r t n o m e n k l a t u r b e ig e t r a g e n .

W as alles ist hier nun W ahrheit u n d was n u r das erzeugnis einer auf diesem gebiete der forschung allzu ungezügelten p h a n ­ tasier W er sich die m ühe g ibt, die typischen m eeresküstennam en in den von m ir u n tersu c h te n h e u t i g e n küstengegenden m it denen in dem von Eu b o p a e u s herangezogenen h in terlan d genauer zu vergleichen, w ird doch einen w esentlichen u n te r­

schied in dem n am enbestande w ahrnehm en m üssen. B ei m ir h an d e lt es sich im grossen u n d ganzen n u r um w irkliche küsten- gebiete, in einer en tfern u n g bis zu 2— 3 m eilen von dem h eu ­ tigen meere. Diese gegenden sind seit dem beginn der h isto ri­

schen zeit besiedelt gewesen u n d erscheinen sogar in h isto ri­

schen u rk u n d e n des m ittela lte rs als a lte r küstenboden. Man beachte z. b., dass das heutige grosse finnische kirchspiel Iso- K yrö, in einer entfernung von etw a 2— 3 m eilen von der heutigen m eeresküste, schon in einer quelle des jahres 1443 u n te r dem sehr bezeichnenden nam en Kyrobominne, d. h. als flussm ün­

dung (»minne») der K y ro b o ar — ’bew ohner von K y rö ’ a u ftritt.

D er nam e bezieht sich auf die aus H äm een-K yrö (Tavast- K yrö) in S a ta k u n ta nach S ü d ö sterb o tten eingew anderten fin n en als bew ohner etw a derjenigen gegend, wo sich der

10 T. E. Ka r s t e n.

G ross-K yröfluss dam als in das m eer ergoss — diese deutung des nam ens ist die altherköm m liche u n d offenbar auch die richtige. B esonders in den alten , d ich tb ev ö lk erten Zentren dieser küstensiedlung — in den beiden grossen kirchspielen K y rö (Iso- u n d V ähä-K yrö, d. h. Gross- u n d K lein-K yrö) sowie in den nächsten nachbarkirchspielen im n o rden (dem alten grossen bezirk Vörå) u n d im Süden (in den alten grossen k irc h ­ spielen L aihela u n d M alaks), ist die typische m eeresküsten- nom en k latu r eine sehr reiche u n d m annigfaltige, jedenfalls eine vielfach reichere als die des entlegeneren h interlandes, aus dem E u r o p ä e r s sein vergleichsm aterial geholt h a t. Die binnenlandsnam en der betreffenden bedeutungsklasse u m fas­

sen n u r nam en von der schon bei Eu r o p ä e r s (p. 40) erw äh n ten einfachen a rt: fi lahti, schwed. vik (bucht), fi. salmi, schwed.

sund (sund), fi. saari, schwed. holme (insei), fi niem i, schwed.

näs, udde (landzunge) usw. D as fragliche h in te rla n d bild et teile der zu den alte n Siedlungszentren gehörigen grenzm arken (der sog. eräm arken), in deren w äldern u n d w ässern m an ja g te u n d fischte u n d die hauptsäch lich erst im 16. ja h rh u n d e rt ihre feste Siedlung em pfingen. D er finnische bzw. schwedische m eeresnam enbestand dieser binnenlandsgegenden sta m m t wohl keinesfall aus älterer zeit als dem früheren m itte la lte r (dem 14— .15. ja h rh u n d e rt). U n d auch wenn die überaus zahlreichen heutigen m oorländereien Ö sterb o tten s n u r zu 5 % von ihrem w eiten areal frü h er seen gewesen, wie Eu k o p a e u s im anschluss an A. L. B a c k m a n v erm u te t, w aren die zu m ooren gew ordenen alte n seen u n d b u ch ten doch zahlreich genug, um die betreffende no m en k latu r des hinterlandes völlig zu erklären. Die annahm e von sym bolischen schärennam en — wie Eu r o p a e u s sie n en n t — lässt sich n ich t begründen: eine au f w iesenboden befindliche

»insei» (fi. »saarn, schwed. »holme») ist gewiss eine sinnbildliche ausdrucksw eise, ab er n u r vom heutigen g esich tsp u n k t aus.

I n allen fällen die m ir b e k a n n t sind — in m einer a lte n heim at, dem küstenkirchspiel K v ev lak s unw eit von V asa sind sie reich ­ lich v e rtre te n — ist der betreffende »öur» oder »holme» noch seit m enschengedenken eine w irkliche, w asserum flossene insei gewesen. Auch in dem entlegensten österb o ttn isch en

L andhebung und ortsnam enchronologie. 11

h i n t e r l a n d b r a u c h e n s o lc h e a u f t r o c k e n e m l a n d v o r k o m m e n d e k ü s t e n n a m e n n i c h t З ^ Д t a u s e n d j a h r e a l t z u s e in u n d i n d ie S t e in z e it z u r ü c k z u r e i c h e n , w ie E u r o p a e u s m e in t : s ie e r k l ä r e n s i c h u n g e s u c h t a u s d e n h e u t ig e n m o o r e n , w e lc h e ö f t e r s n o c h v o r e in p a a r j a h r h u n d e r t e n a u f a l t e n k a r t e n a ls s ü m p f e b e ­ z e i c h n e t w e r d e n . U n d e in p a a r v o n d e n b e i E t j r o p a e u s z u

d ie s e r b e d e u t u n g s g r u p p e g e s t e ll t e n n a m e n : f i . niemi, s c h w e d . näs, udde ( = l a n d z u n g e ) h a b e n v o n a n f a n g a n k e in e a u s s c h l ie s s ­ l i c h e w a s s e r la n d s c h a f t z u r V o r a u s s e t z u n g , w e n n s ie a u c h ö f t e r s g e r a d e i n e in e r s o lc h e n V o r k o m m e n .

E ine derartige p rim itive, ab er dennoch jüngere k üstenna- m engebung, die also a u f dem boden einer sekundären entw ick- lungsstufe des a lte n m eeresbodens en tsta n d e n ist, g ib t es n u n n atü rlich auch in den m itte lp u n k te n der alten küstensiedlung, die dem m eere etw as n äher liegen als das soeben besprochene binnen- u n d h interland: in den südösterbottnischen grossen kirchspielen Iso- u n d V ähä-K yrö, Laihela, M alaks usw. H ier angetroffene Ortsnamen au f fi. lahti, schw. vik (bucht), fi. saari, schw. öur, holme (insel), fi. salmi, schw. sund (sund) usw.

können also a n s i c h nich t d a tie rt w erden, soweit k a n n ich Eu r o p a e u s re ch t geben: w ir wissen näm lich nich t, ob sie auf die zeit einer w irklichen m eereslandschaft, auf insein, b u chten, sunde eines noch bestehenden m eeresarm s zurückzuführen sind oder ob es sich hier wie in den binnenlandsgegenden um die nam engebung einer jüngeren periode han d elt, wo die alten m eeresbuchten schon als festländische binnenseen oder süm pfe erschienen u n d wo die alten m eeresinseln zu binnenseeinseln gew orden w aren. D ieser Unsicherheit w ar ich m ir von anfang an bew usst, u n d hier setzte die eigentliche feldarbeit ein: eine genaue topographische u n d onom atologische U ntersuchung der ganzen Umgebung m it dazugehörigen höhenm essungen. A lte k a rte n — das einzige, w orauf Eu r o p a e u s sich berufen k an n — sind hier n ic h t genug. E s erw eist sich nun, dass die an sich zw eideutigen Ortsnamen au f fi. saari, lahti, salmi, schwed.

holme, vik, sund usw. hier zum grossen teil w enigstens einer u ra lte n m eeresterm inologie angehören m üssen. Die beweise lie­

gen in anderen nam en der nächsten Umgebung. Ic h habe sie

12 T. E. Ka r s t e n.

s c h o n f r ü h e r m e h r m a ls b e h a n d e lt , s e h e m i c h a b e r v e r a n l a s s t , d ie w i c h t i g s t e n v o n i h n e n a u c h h i e r i n a l l e r k ü r z e z u s a m m e n ­ z u s t e ll e n , w e i l g e r a d e d ie s e n a m e n g r u p p e b e i E u r o p a e u s, s e in e r v o r g e f a s s t e n t h e o r i e z u lie b e , i n w i l l k ü r l i c h s t e r w e is e m is s d e u ­ t e t w o r d e n i s t .

Im kirchspiel V ähä-K yrö fin d et sich etw as w estlich von dem kirchdorf, das u n te r dem ihm ch a rak teristisch en nam en Savilahti ’L eh m b u c h t’ b e k a n n t ist, in m itte n des K yröflusses, der sich hier verzw eigt, eine hochgelegene insei m it zwei dör- fern, die h eu tzu tag e Saarewpää (»Inselende») u n d Saarensiru

(»Inselseite») heissen. I n alten gru n d b ü ch ern unseres S taats­

archivs erscheinen diese dörfer u n te r dem gem einsam en nam en W artsaari. Dieses kom positum h a t fi. s a a r i als Schlussglied, aber das erste m em brum ist offenbar identisch m it dem in dem schwedischen inselnam en Vårdö « *Wardö) in Å land und andersw o in den w estfinnländischen schären. Im B o ttn isch e n m eerbusen N W von V asa liegt eine b e k a n n te grosse inselgruppe Valsöarna. D er nam e ist in seinem vordergliede eine d ialek tale entw icklung eines altschw edischen genetivs Wards- u n d e n th ä lt dasselbe w o rt wie die nam en Vårdö (*Wardö) in Å lan d u n d das schw edisch-finnische W art-saari in V ähä-K yrö. Dieses vorderglied ist au f das engste v erw an d t m it den nordischen S ubstraten der b ek a n n te n finnischen lehnw örter vartija ’vigil, custos’ (got. vardja), vartoa ’observare, ex sp ectare’ (awn. varda, asächs. wardön). Die nam en Vårdö, *Wards-öarna (V alsöarna), W artsa ari beziehen sich — wie auch die bergnam en Valsảs (*W ards ds) u n d Vals-berget (*Wards berg) in S ü d ö ste rb o tten — au f den b e k a n n te n w ach td ien st, der in a lte n zeiten a u f hohen m eeresinseln u n d k üstenbergen gehalten w urde fü r die erleich- teru n g der Seefahrt. Die V alsöarna im B o ttn isch e n m eer­

busen sind noch heute der o rt einer w e itb ek a n n ten feuerbake.

D erselbe gedanke kom m t in den ö sterb o ttn isch en u n d w estfin n ­ ländischen berg- u n d inselnam en au f böte 'W ach tfe u er’ zum aus- druck. Ü b er alle diese nam en des näheren bei T. E . K a r s t e n

Svensk by g d i Ö sterb o tten I p. 513, I I p. 49 sowie in der Zeit­

sch rift N am n och bygd, 1925, p. 1 ff. Die b e h a u p tu n g bei Eu r o­ p ä e r s p. 41, dass die nam en Saarenpăă u n d Saarensỉvu in