• Ei tuloksia

1 Natur-Enzyklopädien

2.5 Lateinische Vorlagen

Gemäß der Auffassung der Modisten gibt es, wie GEORG STEER zusam­

menfaßt, »letztlich nur eine Sprache. Diese Sprache ist logisch strukturiert und hat eine direkte Entsprechung zur Wirklichkeit. In ihrer reinen Er­

scheinungsform ist sie lateinisch. Wird diese lingua universalis in die lingua specialis vel particularis umgesetzt, brauchen nur die Zeichen der Begriffe, d.h. die Worte, ausgetauscht zu werden. Die Bedeutungen bleiben dabei unangetastet. Übersetzt werden kann also von Wort zu Wort, sogar unter Beachtung des ordo verborum.«192 Genau in derselben Weise, in der der Ano­

nymus 1384 für Herzog Albrecht III. das >Rationale< übertrug und in einer Prachthandschrift niederschrieb, übersetzte fast 100 Jahre später König­

schlacher den >Liber de natura rerum< für Georg II. von Waldburg. Alle weiter unten stehenden Textbeispiele zeigen in ihrer Gegenüberstellung zum lateinischen Ausgangstext, wie eng sich Königschlacher an die Syntax der Vorlage hielt. Das >Buch von Naturen der Ding< hat somit literatur­

historisch einen Platz in jener elitären Übersetzungsliteratur, die für ver­

nonfftige leyen, d.h. meist Adelige mit literarischen Kenntnissen und Bil­

dungsinteressen, geschaffen wurde.193

2.5 Lateinische Vorlagen

Eine Antwort auf die Frage nach der lateinischen Vorlage, die König­

schlacher ins Deutsche übertrug, ist nur dann möglich, wenn der Textbe­

stand des BND mit dem des >Liber de natura rerum< lückenlos verglichen wird. Denn unter der Maßgabe, daß Königschlacher beim Übersetzen sei­

ner Vorlage weder Text hinzufügte noch wegließ und auch keine Textum­

stellungen vornahm, repräsentiert das deutsche BND eine der Textstufen des lateinischen, die HELMUT BoESE in einem Überblick über die Textge­

schichte, wie sie sich in den vollständigen Handschriften darstellt, be­

schreibt.194.

Bislang sind 44 Handschriften bekannt geworden, die den Text des

>Liber de natura rerum< ganz oder zum größten Teil überliefern.

1. Ba1 Bamberg, Staatsbibl., Cod. Theol. 53 (Q.III.17), 50'-317v (15. Jh.) 2. B1 Berlin, Staatsbibl., Cod. Harn. 114, l'-183' (v. Jahre 1295) 3. Bn1 Bern, Stadtbibl., Cod. B 53, l'-211" (13. Jh.)

191 G. H. BUIJSSEN, Durandus' Rationale in spätmittelhochdeutscher Übersetzung. Das vierte Buch nach der Hs. CVP 2765, Assen 1966, S. 5, Z. 6-14.

192 STEER (Anm. 42) S. 594.

193 Siehe dazu HAMM/ ULMSCHNEIDER (Anm. 81) hier S. 75 und GEORG STEER, Der Laie als Anreger und Adressat, in: Zur deutschen Literatur und Sprache des 14. Jahrhunderts - Dubliner Colloquium, hrsg. v. WALTER HAUG, TrMOTHY R. JACK­

SON und JOHANNES JoNATA (Reihe Siegen 45), Heidelberg 1983, S. 354-367, hier

s.360.

194 Siehe HELMUT BoESE, Zur Textüberlieferung von Thomas Cantimpratensis< Liber de natura rerum, in: AFP 39 (1969) 53-68, hier S. 55-58.

4. Bol

Bonn, Univ.-Bibl., Cod. S 487, 1'-124' (14. Jh.)

Breslau, Stadtbibl., Cod. Rehdig. 174, l'-201", illustriert (14. Jh.) Brügge, Stadtbibl., Cod. 410, 1'-122' (13. Jh.)

Brügge, Stadtbibl., Cod. 411, 1'-336', illustriert (15./16. Jh.) Brügge, Stadtbibl., Cod. 412, 1'-229v (14. Jh.)

Brügge, Stadtbibl., Cod. 413, 1'-17r (14. Jh.)

39

Brüssel, Königl. Bibl., Cod. 1667 (3591-5), 1'-179' (v. Jahre 1410) Cambridge, Gonville and Caius College, Cod. Ms. 35/141, l'-137'

(15. Jh.)

Cambridge, Gonville and Caius College, Cod. 414, 1'-161v (13. Jh.) Cambridge, Trinity College, Cod. O.I.34, 1'-186v (13. Jh.)

Gotha, Landesbibl., Cod. Memb. II 143, 94, 2'-220v (14. Jh.)195 's Gravenhage, Königliche Bibl., Cod. 78 D 29, 2'-164' (v. Jahre 1460) Krakau, Univ.-Bibl., Cod. 794, 1'-255v, illustriert (15. Jh.)

Krakau, Univ.-Bibl., Cod. 795, 1'-203v (v. Jahre 1417) Lüttich, Univ.-Bibl., Cod. 77, 75'-140' (14. Jh.)196

London, British Museum, Cod. Harley 3717, 2'-159v (13./15. Jh.)197 London, British Museum, Cod. Royal 12 E XVII, 5'-185' (13. Jh.) London, British Museum, Cod. Royal 12 F VI, 3'-119v (14. Jh.) München, Staatsbibl., Clm 7006, l'-169' (v. Jahre 1409) Namur, Mus. archeol., Cod. 50, 1'-163" (15. Jh.)

Oxford, British Library, Cod. Seiden supra 75, l '-229" (14. Jh.) Paris, Bibl. Ars., Cod. 1248, 1'-82' (v. Jahre 1307)

Paris, Bibl. Maz., Cod. 861, 1'-229" (14. Jh.)

Paris, Bibl. National, Cod. Lat. 3476, l'-194' (14. Jh.) Paris, Bibl. National, Cod. Lat. 34�, l'-157' (14. Jh.) Paris, Bibl. National, Cod. Lat. 523\ l'-174' (v. Jahre 1276) Paris, Bibl. National, Cod. Lat. 6556, ll'-75v (14. Jh.) Paris, Bibl. National, Cod. Lat. 6838A, 1'-152' (v. Jahre 1305) Paris, Bibl. National, Cod. Lat. 14720, 1'-176" (14. Jh.) Prag, Bibl. Kap., Cod. L.XI., 6'-193', illustriert (v. Jahre 1404) Prag, Bibl. Kap., Cod. LXXVIII, 1'-175v (v. Jahre 1393) Prag, Univ.-Bibl., Cod. X A 4, 1'-235v, illustriert (14./15. Jh.) Prag, Univ.-Bibl., Cod. XC 8, l'-137' (14./15. Jh.)

Prag, Univ.-Bibl., Cod. XIV A 15, l'-150', illustriert (14. Jh.)

Stuttgart, Württ. Landesbibl., Cod. med. et phys. 30, 2'-198" (15. Jh.) Utrecht, Univ.-Bibl., Cod. 709, 1'-148v (14. Jh.)

Utrecht, Univ.-Bibl., Cod. 710, l'-193v (15./16. Jh.)

Valenciennes, Öffentl. Bibl., Cod. 320 (304), 3'-197", illustriert (13. Jh.)

Vatikan, Bibl. Apostolica, Cod. Pal. lat. 1066, l'-192', illustriert (v.

Jahre 1424)

Wolfenbüttel, Herzog-August-Bibl., Cod. Gud. 195, 1'-195v (14. Jh.) Würzburg, Univ.-Bibl., Cod. M.ch.f. 150, 1'-259', illustriert (v. Jahre 1456)

195 Siehe RENATE ScHIPKE, Die Maugerard-Handschriften der Forschungsbibliothek Gotha (Veröffentlichungen der Forschungsbibliothek Gotha 15), Gotha 1972,

s.105-107.

196 Signatur bei BOESE: L.

197 Signatur bei BOESE: H.

40 2.5 Laleinische Vorlagen

Diese Handschriften bezeugen den Text des >Liber de natura rerum< in zwei Redaktionen und zwar in TI (1. Fassung) und I: (2. Fassung). _ _Dar­

überhinaus läßt sich die 1. Fassung in drei, die 2. Fassung in zwei Uber­

lieferungsgruppen gliedern, wobei die letztere dieser beiden Gruppen von besonderer Wichtigkeit ist. Denn Königschlacher stand, wie unten gezeigt wird, eine Übersetzungsvorlage zur Verfügung, die die Textgestalt aus die­

ser Gruppe überlieferte.

Alle Handschriften der ersten Redaktion enthalten den > Liber de na­

tura rerum< mit den Büchern 1 bis 19. Dabei weisen die drei Gruppen der ersten Redaktion, nämlich a,

ß

und y, folgende Charakteristika auf:

Der Text der Gruppe a (Bol, S1) enthält einerseits etliche Textpassa­

gen nicht, die erst in allen späteren Bearbeitungsstufen belegt sind. Bei­

spiele für diese Textauslassungen sind:

[3, I (1-27)] Quoniam ... sequitur [4, LXI (11-18)] Unde ... diximus [5, XXIII (16-31)] De hiis ... vetuit [7, LI (31-38[.)] Hie ... gestantem [10, IX (2-7)] in oriente ... percutitur

Alle Textauslassungen der Gruppe a sind in der Edition durch obere Häk­

chen ( ... 7) gekennzeichnet. Andererseits überliefert a an wenigen Stellen einen Text, der in den anderen Gruppen nicht mehr belegt ist. Beispiele für diese Texterweiterungen sind:

[3, II (6-7)] in predicta ... doctissime [4, CV (67-68f.)] Tune ... rPvPrhPrM [5, I (109-110)] volucrum ... inde [5, II (10-11)] nec quasi ... condempnat [7, XC (10-11)] subite ... eorum

Die Textzusätze von a stehen in der Edition BoESEs zwischen unteren Häk­

chen auf der Buchstabengrundlinie.

Die Textgestalt der Gruppe

ß

(Bl, Lo2, Nal, Pa5, Utl) hebt sich durch folgende Textunterschiede von allen anderen Gruppen ab:

Abweichungen im Prolog; das Gaumenzäpfchen wird nicht wie sonst als »Uvu­

la«, sondern fälschlicherweise als »Luvula« bezeichnet; Kapitel III aus Buch 13 ,De Gyon< fehlt.198

Zu der Gruppe y (Ca2, Lo3, Oxl, Pal, Pa2, Pa8, Pr2) lassen sich die Hand­

schriften zusammenfassen, die zwar eng mit denen der Gruppe

ß

ver­

wandt sind, deren Mängel aber aufgrund von Korrekturen zum Teil be­

seitigt wurden.199

Die zweite Redaktion I: unterscheidet sich von der ersten vorallem dadurch, daß das 20. Buch hinzugefügt wurde. Die zwei Handschriften­

gruppen Kund u dieser Fassung zeichnen sich durch folgende Merkmale aus:

198 Siehe BOESE (Anm. 194) S. 56-57.

199 Siehe ebda., S. 57.

2.5 Lateinische Vorlagen 41 Der Text von K (Bül, Bü4, Ca3, Lol, Pa7) ist gegenüber den Hand­

schriften der Redaktion IT um eine große Anzahl von Zusätzen vermehrt.

Beispiele dafür sind:

[1, II (14-54)] Ingenium ... tempore [1, II (66-109)] Contra ... curabitur [1, III (28-51)] Hec ... imprime [1, IV (6-7)] Aristotiles ... inciduntur [1, LV (18-26)] Cura ... inunges

Diese Textzusätze von K sind in der Edition an ihrem linken, eingezogenen Rand mit einem einfachen, senkrechten Strich markiert.

Der Text der Handschriftengruppe u (Bal, Brl, Krl, Ml, Prl, Pr3, Pr4, Pr5, Val, Vtl, Wül) weist einerseits gegenüber allen anderen Textstufen viele gemeinsame Lücken auf, die jedoch in der Edition nicht verzeichnet werden. Andererseits enthält er Zusätze, die in keiner anderem Textstufe belegt sind. Beispiel für diese Texterweiterungen sind:

[1, II (104-118)] Item ... dubio [1, XLI (12-14)] Si ... fies

[1, XLVIII (41-44)] Item ... superponatur [1, LII (120-249)] Modus ... ordeum

Die eingefügten Textteile tragen an ihrem linken Rand einen doppelten senkrechten Strich.

Neben diesen Textzusätzen enthalten die Handschriften der Gruppe u noch drei weitere Kapitel, die im Appendix der Edition abgedruckt sind:

[nach 4, CVII] De uranuscopo [nach 7, XXVI] De capa [nach 9, X] De cervo volante

Außerdem fällt auf, daß alle Handschriften dieser Gruppe außer Bal, Ml und Pr4 illustriert sind.

Wie aus den obigen Ausführungen bereits deutlich wird, muß Kö­

nigschlacher eine Handschrift aus der Gruppe u als Vorlage gedient haben.

Denn

die deutsche Übersetzung umfaßt ebenfalls 20 Bücher,

zudem sind das erste und dritte Zusatzkapitel (De uranuscopo und De cervo volante) auf Blatt 93rb bzw. 177vb belegt - das zweite (De capa) kann aufgrund von Blattverlust nicht belegt werden - und

auch die Königschlacher-Übersetzung ist reich an Illustrationen.

Daß sich die Anzahl der Vorlagen, die Königschlacher 1472 zur Verfügung gestanden haben konnten, noch weiter reduzieren läßt, wird erst auf den letzten Textblättern der Handschrift ersichtlich. Die deutsche Übersetzung endet nicht, wie bereits gezeigt, mit dem 20. Buch des > Liber de natura rerum<, sondern fährt fort mit Gesundheitsregeln über Bewegung (ab Bl.

263ra), über das Trinken (ab Bl. 263vb), Baden (ab Bl. 264vb) u.s.w. Es handelt sich ·hierbei um Gesundheitsregeln, die sowohl im >Hausbuch<200 als auch 200 München, Univ.-Bibl, Cod. ms. 2° 731. Die Handschrift wird ausführlich

beschrie-42 2.5 Lateinische Vorlagen

im >Manuale< des Würzburgers Michael De Leone überliefert sind. CHRI­

STOPH FERCKEL201 edierte diese Gesundheitsregeln auf der Grundlage der beiden De-Leone-Handschriften und gibt in einem unübersichtlichen Ap­

parat die Lesarten von drei weiteren Textzeugen202 an.

Über den Verfasser, Auftraggeber und die Entstehungszeit dieses kleinen Textes macht FERCKEL keine gesicherten Angaben. Er bezweifelt, ob das >Regimen sanitatis< tatsächlich »durch einen ungenannten Angehöri­

gen der Ärzteschule von Montpellier für einen Herzog Albrecht von Öster­

reich geschrieben«203 wurde, wie nur die Würzburger Handschriften bele­

gen:

[214'"] Doctrinale conpendium. de Regimine sanitatis. domino Alberto duci

austrie. de monte pessulano directum.204

Diese Widmung fehlt in den uns heute bekannten Textzeugen des > Liber de natura rerum< (Untergruppe 1)2)205, in denen das >Regimen sanitatis< dem 20. Buch angehängt ist: Prl, Pr3, Ml, Vtl und Wül.

Bei allen fünf Handschriften der Untergruppe u2 fällt auf, daß sie bebildert sind, wobei in Ml die Illustrationen zwar nicht ausgeführt, aber doch der Freiraum dafür ausgespart wurde. Und da das >Gesundheitsre­

giment< ohne die einleitende Widmung dem 20. Buch des >Liber de natura rerum< folgt, mußte Königschlacher zwangsläufig glauben, nur eine ein­

zige Quelle (hunc librum) ins Deutsche übertragen zu haben, denn der Text der Gesundheitsregeln beginnt in Wül mit der Einleitung:

[253'"] Et sie est finis xxti librorum jn principio huius voluminis predictorum.

Sequilur c1liuJ menturn utile ecetera.

Vier Textstellen liefern den hinreichenden Beweis, daß Königschlacher die­

se Gesundheitsregeln so wörtlich wie möglich übersetzte. Für die synop­

tische Gegenüberstellung wird Wül verwendet. Der Stellennachweis in der linken Spalte bezieht sich auf FERCKELS Textausgabe, der in der rechten Spalte auf den Editionsteil.

ben von GISELA KORNRUMPF und PAUL-GERHARD VöcKER, Die deutschen Hand­

schriften der Universitätsbibliothek München. Wiesbaden 1968, S. 60-107. Siehe auch die Faksimile-Ausgabe von HORST BRUNNER, Das I !ausbuch des Michael de Leone (Würzburger Liederhandschrift) der Universitätsbibliothek München (Lit­

terae. Göppinger Beiträge zur Textgeschichte 100), Göppingen 1983.

201 Siehe FERCKEL (Anm. 88) S. 1-21.

202 Diese sind: 1. Prag, Univ.-Bibl., Cod. A X 4, 231 v"-235'6; 2. München, Bayer. Staats­

bibl., Clm 7746, 56'-60'; 3. Wien, Österr. Nat.Bibl., Cod. Palat., 1'-11'.

203 FERCKEL (Anm. 88) S. 3.

204 Siehe BRUNNER (Anm. 200) S. 214. Albrecht I. wurde 1282 Herzog von Österreich und starb 1308.

205 Die Sigle u2 für diese Untergruppe stammt mündlich von HELMUT BOESE.

2.5 Lateinische Vorlagen 43 [260'", Z. 136-141] Et hoc uoluit Ari­

stotiles cum dicit. Bonum est tibi post cibum de ambulare ne tibi in ortificio cibaria super emineant. Sed alioquo modo fortis motus nocet teste auicen­

na qui ait, non est illico mouendam post cibum motu forti.

[260"b, Z. 196-199] Inter omnia genera potuum vinum maxime congruit ho­

mini. Generat enim sanguinem lauda­

bilem. propter sui liquoris naturam sanguini similem. Visum [261 '"] eciam turbidum clarificat et calorem natura­

lern confortat.

[262'b, Z. 295-299] Conmensuracio bal­

nei in hoc consistit. ut non excedat in caliditate in mora uel in frigiditate.

Tale enim balneum habet corpus re­

nouare. poros que apperire ac sordi­

tatem sub cute de tergere. Ventositates et dolores ventris dissoluere.

[262 ,,b, Z. 356-358] Coitus corpus reple­

tum alleuiat animam [263 '"] siue men­

tem letificat iram quoque sedat ac co­

gitacionem remouet. Caput alleuiat at­

que sensus. Nimis tarnen coire virtu­

tem naturalem debilitat, senium ad­

ducit, conturbat etiam oculos et ce­

Aber starcke bewegnuß ist schad, das bezuget Auctenna, der da spricht, das man sich nit von stund nach der spise bewegen sulle starcker bewegnuß. ligt an dem, das es nit zehaiss sye vnd nitt vbertreffe jn der zitt oder wile, noch zekalt sye. Wann das selb bad hat den lib ze ernuren vnd die swaiß­

löcher vff zetftn vnd die onsuberkait von der hut abzetftn, die windsamkai­

ten vnd die schmertzen des buches vff zft lösen.

[G, XII (568, 11-15)] Die bletzung ma­

chet den erfüllten lib licht vnd macht das gemiett oder die sele frölich vnd stillet den zörn vnd tribt vß böse ge­

denck. Sy macht dem hopt licht vnd den sinnen. Aber zevil bletzen machet swach die naturlichen craft, bringet das alter, betrübt die ougen vnd das hirn.

Den Grund, warum gerade das in der Würzburger Handschrift belegte

>Regimen sanitatis< der Übersetzung Königschlachers gegenübergestellt wird, liefern dieser Codex und das BND selbst. Königschlacher übertrug seine Vorlage so sorgfältig und wortgetreu wie nur möglich, wenngleich ihm dabei gelegentlich Fehler unterliefen.

1. Übersetzungsfehler, die auf Unachtsamkeit oder mangelnde Konzen­

tration zurückzuführen sind:

[4, II (185, 30-31)] Der esel flaisch gessen machet das aller beste blfü vnd wirt swarlich gedöwet.

[4, 11 (18-19)] Carnes asinorum comeste pessimum sanguinem generant et dif­

ficultur digeruntur.

»Pessimum« hätte mit »aller schlechtest« übersetzt werden müssen.

44 2.5 Lateinische Vorlagen

[9, XLV (425, 26)] Tapula ist ain schlang, der mitt vier füssen vnderstuczt ist.

[9, XL V (1)] Tappula vermis est, qui quaternis pedibus fulcitur.

Königschlacher übersetzt »vermis« immer mit »wurm« und nur hier mit

»schlang«.

[19, I (538, 39-539, 1)] Die andern zway behebend das mittel als ain vestes band, vnder den zwain ist das ertrich das swärer vnd dem ertrich allernächst, der lufft lichter vnd hat das nächste statt by dem fure.

[19, I (25-27)] Alia duo medium quasi quoddam soliditatis vinculum tenent, quorum aqua gravior terre proximum, aer levior igni proximum possidet lo­

cum.

»Ertrich« hätte mit »wasser« übersetzt werden müssen.

2. Verschreibungen, die offenbar beim Abschreiben der Rohüberset­

zung entstanden und vom Autor nicht sofort korrigiert wurden:

[5, X (267, 25-27)] Aber federn, die jm naturlich entfallen, die wachsend licht­

samlicher wider, wann das statt ist zitig gemachet vnd ist mer vber flussig von gitikait.

[5, X (24-25)] Penne vero que naturaliter cadunt accipitri faciliter recrescunt, quia locus maturis est et humore magis habundans.

Die Verschreibung von »gitikait« für »humore« resultiert sicherlich aus »fuch­

tikait«.

[9, II (405, 35-36)] Jn dem brachett, als Paladius spricht, sol der hiiner der binen vffmercken vnd wol hüten.

[9, II (49)] Iunio mense, ut dicit Palladius, custor apum esse debet attentus.

Für »custos« wurde »Hüter« als »hüner« verschrieben.

[11, XXXII (469, 29-30)] Es bringt och schlaff vnd ist vast gut darzü, aber als denn m/lß man das puluer mandragore, alrun öle, nitt darzä tän.

[11, XXXII (14-15)] Sompnum etiam inducit efficacissime; sed tune oportet, ut pulvis mandragore adhibeatur.

Die Verschreibung »nitt darzü tön« für »adhibeatur« geht auf »mitt darzö tün«

zurück.

[12, X (475, 36 -476, 1)] Wider die wurm sol man ir vast geben mitt honig.

[12, X (6-7)] Contra lumbricos detur succus eius cum melle.

Eine Verdrehung der Buchstaben von »saft« für »succus« führte zu »vast«.

3. Wortgetreue Wiedergabe eines Fehlers der lateinischen Vorlage: Einer Sinnentstellung fällt eine Schlüsselrolle bei der Suche nach König­

schlachers Übersetzungsvorlage zu. Denn im deutschen BND steht:

[1, LI (113, 6)] Der mensch, als Aristotiles spricht, hal ain enges, langes milcz als der lib.

[1, LI (1-2)] Splen homo habet, ut dicit Aristotiles, strictum et longum sicut porcus.

Ganz offensichtlich stand in Königschlachers Vorlage für >porcus< fälschlicher­

weise ,corpus,. Die drei Handschriften Prag Cod. LXI (Prl) und Cod. A X 4 (Pr3) und Vatikan Cod. Pal.lat. 1066 (Vtl) kommen als mögliche Vorlagen nicht in Betracht, da sie jeweils >porcus< belegen. Nur Clm 27006 (Ml) und Würzburg Cod. M.ch.f. 150 (Wül) tradieren auf Blatt 26ra bzw. xvj"a:

Splen homo habet, ut dicit aristotiles, strictum et longum sicut corpus.

2.5 Lateinische Vorlagen 45 Dies ist jedoch nicht die einzige Gemeinsamkeit, die das BND mit Ml und Wül besitzt. Der Vergleich des gesamten Königschlacher-Textes mit dem

>Liber de natura rerum< erbrachte fünf signifikante Zusätze, die nur in der Würzburger und Münchener Handschrift zu finden sind. Wiedergegeben wird hier der Würzburger Text in der linken Spalte, wobei sich die Folioan­

gaben auf Cod. M.ch.f. 150 (links) und Clm 27006 (rechts) beziehen.

[34'" / xxj"� Si te intercisio ancharum

vexaverit in eundo accipe pannum li­

neum longum latitudinis quinque di­

gitorum et intinge in sepone lique fac­

to et ponas inter anchas super locum egestionis vbi solet intercisio et lesio (Lasura) fieri. liga bis autem vnam ex­

tremitatem panni ad bracile (Brachale) posterius et alteram extremitatem ad bracile (Brachale) anterius et non sen­

ties intercisionem ancharum in eundo ipso panno medio prohibente.

[35"" / xxijVll] Si nudis pedibus iter (In­

ter) agere volueris Jta ut minimis ledas plantas in eundo laua plantas tuas cum aceto et cum sale frica ut per aceti assiduitatem plante validius indures­

cant et sie fiet ut vix senties dolorem.

[1, LXIII (135, 1-8)] Jst daz dich die le­

czung der arsbacken raiczet von gon oder riten, haißt der wolff. Nymm ain lang line tüch als braitt als funff finger vnd tunck es jn ainen nassgemachten seponem vnd leg es zwuschen die arßbacken by der statt des vssendens, da dann die verserung beschehen ist, vnd das ain vssertail bind an die brüch hinden vnd das ander an die brüch vornen, vnd du wirst nitt ent­

pfinden der verserung der arsbacken jm gonde, wann das mittell des töchs verkommet es.

[1, LXX (139, 7 -11)] Jst das du ainen weg barföss gon willt. Also das du dest minder die solen verserest jn dem gende, so wäsch dine solen mitt essich vnd rib sy mitt salcz, das von emsickait des essich ribends die solen desto vester hertt werden, vnd ge-schieht also, das du kum des schmerc­

zen entphindest.

[80'" / lijm] Jn burgundie siluis cum lu- [4, LX (230, 24-36)] Jn den wällden des pis tensis retibus a vena[80'b]toribus lands Burgundia viel ain fröw mitt femina annorum xvj capta incidit quae den wollffen jn die necz, die die jäger miro modo antequem in manibus ve- gespannen hetten, die selb fröw sech­

natorum deveniret dentibus defendit zehen jar da was vnd ward mitt den se manuum palmas calarum (Calorum) wolffen gespiset. Vnd so sy an die firmitate in duratas habebat. Cursu hend der iäger kam, hett sy hend mitt perpetim super manus et pedes velo- vesten knoden gevestnet vnd wartt cissime ferebatur Crudis (Crudibus) sich vnd luff vff füssen vnd vff hen­

carnibus (nach carnibus: diu) postquam den schnell. Vnd nach dem sy gefan­

capta est diu vixit ipsaque frequentis- gen ward, lebt sy lang des rowen sime ad silvarum reditus conabatur lo- flaischs. Vnd so offt sy vnder die lut qui postea didicit. dixit se bis pregna- kam, arbait sy widervmb zö kommen tarn (Impregnatam) a lupo et bis prolem jn die waldhulinen vnd lernet darnach per omnia similem homini peperisse. reden vnd seit, wie sy zwirod swanger Sed cum lupus prolem sibi similem worden wär von ainem wollff vnd

all-46 2.5 Lateinische Vorlagen (Non vidisset similem) non vidisset deu­

orauit enixam. Vidi illum qui vidisse se feminam referebat quem credendo (Credo) in hoc non fuisse mentitum.

[95'" / lxij'"] Cadauerum (Cadauer) talpe

cum computruit (Computruerit) feto­

rem maximum euaporat. Vermes au­

tem volatiles in sidentes cadauerum (Cadaueri) inde trahunt venenum effi­

cacissirnum ut in ficiat contrectata.

[132'" / lxxv""] Ffimus pice plumbi la­

minas putrefacit vnde arte mechanica facturn est ut apud constantinopolim nulla involet muros eius quasi flumine (Fulmine) retroacta ne scilicet domus cooperte plumbo de fedate putrescant.

Pica breues alas habet secundum cor­

poris quantitatern vnde breuern vola­

tum habet ex quo fit capacibus raptura facilior.

weg ain kind ainem rnenschen gelich geporn hette. Aber so der wolff sahe, das das jungit jm nitt gelich sahe, so frass er daz geporn jungit. Jch hon den gesehen, der da sagt, das er die selben frowen gesehen hette, vnd glob, das er an dem end nitt gelogen hab.

[4, CIII (249, 8-11)] Der schelrn des muwerffs, wenn er erfulet, so latt er den bösten schmack vss. Aber das ge­

fugel siezet vff den schelmen, ziehend daruß das allerbewärtest gifft, das al­

les, das vergifftet was, darvrnb ist oder dauon berüret wirt.

[5, CIV (311, 24-31)] Der agelstaren mist oder dreck beschysset die bly blatten. Vnd darumb mitt kunst ist das beschehen, das man die statt Con­

stantinopoli vor jnen vermachet, das kain agelstar dar jn fliegen kund, vnd ward jnen hinder den muren mitt wasser verkommen, darumb das sy nitt die huser, so mitt bly bedackt wa­

stantinopoli vor jnen vermachet, das kain agelstar dar jn fliegen kund, vnd ward jnen hinder den muren mitt wasser verkommen, darumb das sy nitt die huser, so mitt bly bedackt wa­