• Ei tuloksia

1 Natur-Enzyklopädien

2.4 Übersetzungsweise

und Stadtschreiber war Königschlacher zum wichtigsten Beamten der Stadt aufgestiegen, wobei der große Zeitraum, in dem er diese Stellen in­

nehatte, darauf hindeutet, daß ihm diese Ämter offenbar auf Lebenszeit verliehen worden waren. Er galt somit auch als Garant für die politische Kontinuität, während die Mitglieder des Magistrats häufig wechselten. 170 Zu seinen Hauptaufgaben zählte es, Vertragsbriefe, Quittungen, Vollmach­

ten, Kauf- und Tauschbriefe, Testamente, Heiratsbriefe, Protokollausferti­

gungen, Urteilsbriefe, beglaubigte Abschriften u.a. anzufertigen.171 Dies tat er meist selbst, und die Urkunde wurde, soweit erforderlich, mit dem No­

tarszeichen versehen.

2.4 Übersetzungsweise

Die Art und Weise, wie Königschlacher den >Liber de natura rerum< ins Deutsche übersetzte, wird verständlich, wenn man einen Blick auf seine Studienzeit und Übersetzungsweise wirft.

An der Universität Heidelberg wurde ab den dreißiger Jahren die Notwendigkeit einer Reform immer offensichtlicher. Da jedoch die Uni­

versitätsleitung nicht in der Lage war, die nachlässige Durchführung der Examina, den unpünktlichen Beginn von Vorlesungen, überfüllte Fa­

kultätsveranstaltungen, das würdelose Auftreten der Magister und nächt­

liche Exzesse der Studenten172 auf Dauer zu unterbinden, »drängte die kur­

fürstliche Regierung [ ... ] immer energischer auf eine >Reformation< des gesamten Studiums. Ein Entwurf dazu wurde 1444 von der Universität und von der theologischen, juristischen und artistischen Fakultät vorge­

legt. «173 Diese Gelegenheit, auch eine inhaltliche Veränderung des Lehrbe­

triebs herbeizuführen, ergriffen jene Reformer, die als »Anhänger des T ho­

mas von Aquino und des Albertus Magnus«174 gegenüber dem von W il­

helm von Ockham beeinflußten >via moderna< den >via antiqua< durch­

zusetzen versuchten. Besonders Johannes Wenck175 und Jodocus Eichmann forderten für die Einführung in die aristotelische Logik als Textgrundlage die >Summulae< des Petrus Hispanu:s und somit eine Abkehr von der seinerzeit modernen >Parva logicalia< des Marsilius von Inghen. Wenn­

gleich es bei der Auseinandersetzung zwischen den Befürwortern des >via

170 Siehe KLAUS (Anm. 111) S. 43, HoNEMANN (Anm. 168) S. 326 und z.B. die Urkun­

den von 1436 und 1438 bzw. 1449 und 1463: Das Amt des Stadtammann wechselte von Heinrich Blaichstetter auf Jakob Kurtz über, das des Bürgermeisters von Hans Höplin auf Jakob Bach.

171 Siehe BuRGER (Anm. 164) S. 156-158.

172 Siehe RITTER (Anm. 163) S. 376-377.

173 Ebda., S. 378.

174 WEISERT (Anm. 169) s. 47.

175 Siehe GEORG STEER, Johannes Wenck von Herrenberg. Das Büchlein von der Seele (Kleine deutsche Prosadenkmäler des Mittelalters 3), München 1967.

36 2.4 Übersetzungsweise

moderna< und des >via antiqua< nicht um die Einführung der >studia hu­

manitatis< ging, so zählten doch in den Folgejahren die Reformer zumeist zu den Verfechtern des Humanismus.

Ab 1447, so darf wohl angenommen werden, konnte Peter König­

schlacher diese Auseinandersetzung mitverfolgen und die humanistische Gesinnung Ludwigs von Ast, des zeitweiligen Kanzlers der Universität Heidelberg, erfahren, bis er, nach einer Studiendauer von zwei Jahren, als Baccalaureat die Universität 1449 verließ, ein Jahr bevor Johannes Wilden­

hertz die ersten humanistischen Vorlesungen hielt.176 1452 wurden beide

>Wege< als gleichberechtigt zugelassen und 1456 schließlich beauftragte Friedrich I. den Wanderhumanisten Peter Luder, Lehrveranstaltungen in den >studia humanitatis< abzuhalten. Diese Entscheidung Friedrichs war offenbar auf Anraten seines Kanzlers. Mathias Ramung zustandegekom­

men, der wiederum als Freund Luders unter Ludwig von Ast das Bacca­

laureatsexamen der Artistenfakultät abgelegt hatte und ab 1450 in Dien­

sten Friedrichs stand.177 Ebenfalls 1456 erwarb »die Artistenfakultät einen ganzen Stamm >humanistischer< Bücher für ihre Bibliothek, zum Teil aus dem Nachlaß des Kanzlers Ludwig Ast: darunter Cicero, Quintilian, Se­

neca, Lucan, Terenz, Vergil, Sallust, Valerius Maximus, Boethius, Briefe Petrarcas u.a.m.« 178

Man könnte meinen, daß auch Königschlacher vom wachsenden Ein­

fluß der Humanisten erfaßt wurde und deswegen eine Übersetzung eines lateinischen Textes anfertigte. Tatsache jedoch ist, daß Königschlacher nicht

>humanistisch< übersetze, denn er übertrug seine Übersetzungsvorlage nicht mit derselben Zielsetzung wie sein Zeitgenosse Niclas von Wyle, der, als er in Nürnberg Stadtschreiber war, von dem in Italien promovierten Juristen Gregor Heimburg179 den entscheidenden Denkanstoß erhalten hat­

te, daß nämlich ain yetlich tiitsch, dasz usz gdtem zierlichen vnd wol gesatzten latine gezogen vnd recht vnd wol getransfereyeret180 wer, auch gdt zierlich tütsche vnd lobes wirdig, haissen vnd sin müßte, vnd nit wol verbessert werden möcht.181 Mit diesem Ziel fertigte Wyle während seiner Tätigkeit als Stadtschrei­

ber182, in Esslingen (1447-1469) und Stuttgart (1469-1478), gefördert von

176 Siehe ebda. den Nachruf Eichmanns auf Wildenhertz S. 518-519 und HEINZ ÜTIO BURGER, Renaissance Humanismus Reformation. Deutsche Literatur im europäi­

schen Kontext (Frankfurter Beiträge zur Germanistik 7), Bad Homburg/ Berlin/

Zürich 1969, S. 46.

177 Siehe FRANKE. BARON, The Beginnings of German Humanism: The Life and Work of the Wandering Humanist Peter Luder, Diss. Berkeley 1966, S. 48-49.

178 RITTER (Anm. 163) S. 455.

179 Siehe PETER JOHANEK, Heimburg, Gregor, in: 2VL, 3. Bd., Sp. 629-642. Heimburg entstammte einer Schweinfurter Bürgerfamilie und war mit Christine Lorber, einer Würzburger Kaufmannstochter, verheiratet.

180 Gebessert aus: getranferet;et.

181 ADELBERT VON KELLER (Hg.), Translationen von Niclas von Wyle, Stuttgart 1861 (Nachdruck: Hildesheim 1967), S. 9.

182 Siehe EcKHARD BERNSTEIN, Die Literatur des deutschen Frühhumanismus (Samm­

lung Metzler, M 168), Stuttgart 1978, S. 44.

2.4 Übersetzungsweise 37

der Pfalzgräfin und Erzherzogin von Österreich Mechthild und von ihrem Sohn Eberhard, ab 1461 die >Translatzen<183 an, die sehr schnell hand­

schriftlich verbreitet wurden: Die Translation Nr. 2 findet sich z.B. in Gies­

sen18\ Univ.bibl., Cod. germ. 104 vom Jahre 1464, 60r_7or und in Wolfen­

büttel185, Herzog August Bibl., Cod. Guelf. 75.10 Aug.fol. vom Jahre 1468, 73ra_32vb_ Die Translationen 1 bis 3 sind überliefert in Heidelberg186, Univ.bibl., Cod. pal. germ. 119, nach 1461, F-83r.

Es ist zwar denkbar, daß Königschlacher einige Translationen Wyles bekannt waren; vielleicht wußte er auch von Heinrich Steinhöwel, der wie Wyle von Eberhard im Bart von Württemberg unterstützt wurde, denn immerhin sind von Steinhöwels >Griseldis<-Übersetzung drei schwäbische Textzeugen aus den 60er Jahren des 15. Jahrhunderts erhalten und zwar in Donaueschingen187, Fürstlich Fürstenbergische Hofbibliothek, Cod. 150 vom Jahre 1468 aus Kirchberg, 4F-53r; in München188, Bayer. Staatsbibl., Cgm 403, nach 1461, 63r_79r; in Wolfenbüttel189, Herzog August Bibl., Cod.

Guelf. 75.10 Aug.fol., vom Jahre 1468 aus Augsburg, 55ra_7Fb, wobei hier auf den >Griseldis<-Stoff die zweite Translation Wyles folgt.

Königschlacher schloß sich eben nicht den Humanisten an; er ist viel­

mehr einer anderen Übersetzungstradition verpflichtet: nämlich der mo­

distischen 190, die der anonyme Ubersetzer von Durandus' Rationale wie folgt begründet:

Seit daz nu lateinische zunge in alle lannt getailet wart und di selbe lannde heten manigerlay spreche, so muz von notdurft wesen sein, daz wfr latein beteutschen mft maniger slachte warten und ist chaine zung so reiche, daz si wider mogen widerwegen aygenleichen von {r selber den sinn und auch di mazze, di in latein geschriben seint.

Teusche zunge ist auch von alter her di mynnste und gegen latein di wildeste, df wfr wizzen, davon haizzet si barbara, daz ist wilde, und darumb muzzen wfr ofte warte fär warte nennen, so wfr latein bedeutschen wellen.191

183 Zur Wortbildung der Humanisten siehe HANS-FRIEDRICH ROSENFELD, Humanisti­

sche Strömungen, in: Deutsche Wortgeschichte, hrsg. v. FRIEDRICH MAURER und FRIEDRICH STROH (Grundriß der germanischen Philologie 17 /1), 1. Bd., Berlin 1959,

s.329-438.

184 Siehe URSULA HEss, Heinrich Steinhöwels ,Griseldis<. Studien zur Text- und Über­

lieferungsgeschichte einer frühhumanistischen Prosanovelle (MTU 43), München 1975, S. 33-35.

185 Siehe ebda., S. 41-43.

186 Siehe ebda., S. 37-39. Weitere Nachweise zur handschriftlichen Überlieferung bei BRUNO STRAUSS, Der Übersetzer Nicolaus von Wyle (Palaestra 118), Berlin 1912,

s. 15-22.

187 Siehe HEss (Anm. 184) S. 21-23.

188 Provenienz unbekannt, siehe ebda., S. 40-41.

189 Siehe ebda., S. 41-43.

190 Siehe JüRGEN MITTELSTRASS, Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, 2. Bd., München 1984, S. 914-916 (modistae). Zu einer völlig anderen Einschätzung der Arbeit Königschlachers kommt TRAUDE-MARIE NrscHIK, Das volkssprachliche Naturbuch im späten Mittelalter. Sachkunde und Dinginterpretation bei Jacob van Maerlant und Konrad von Megenberg. T übingen 1986. S. 295-328, indem sie ihm jegliche Kompetenz als Übersetzer abspricht.