• Ei tuloksia

leitern der Musik»1 zu lösen versucht worden. E r -will keine Theorie über die E ntstehung der Musik aufstellen — so lässt er die E ntstehung des Bhythm usbew usstseins unbeachtet — , aber da er eine andere notwendige Fähigkeit, die E ntstehung und erste Entw icklung des Tonhöhensinns und die Bildung der Tonleitern zu klären versucht, genügt dies schon für die in Frage stehende Theorie, vor allem da die Bhythm us- Theorie nach Stumpfs schwerwiegender E rklärung meines E rachtens als überholt anzusehen ist. S otavalta fasst seine verhältnism ässig knappe U ntersuchung dahin zusam m en,

»dass der menschliche Tonhöhensinn, ebenso wie die Tonlei­

tern der Musik ihren U rsprung und auch ihre anfängliche Entw icklung von den Eigenhöhen der menschlichen Vokale herleiten. U nter den prim itiven Tonleitern ist die 5-tonige wahrscheinlich bei solchen Völkern entstanden, in deren Sprachen der Vokalismus ein fünfteiliges System aufgewiesen h at, wie es in den Sprachen der indogermanischen Völker bei den H auptvokalen der Fall gewesen ist. Die in der prim itiven Musik ebenfalls anzutreffende 4-tonige Skala wiederum ist wahrscheinlich bei den Völkern entstanden, in deren Sprachen der Vokalismus ein 4-teiliges System gebildet h at, wie es der Fall war in dem Gebiet der altaischen Sprachen. Diese Ton­

leitern w anderten dann schon in der Vorzeit m it den Liedern, Melodien, von Volk zu Volk, so dass die Völker der 5-Vokal- systeme auch eine 4-tonige Skala und die Völker der 4-Vokal- systeme eine 5-tonige erhielten.»2

W enn ich im folgenden an diese Schlussfolgerungen an ­ knüpfe, muss ich zunächst vorausschicken, dass ich kein Fachm ann auf dem Gebiete der Phonetik bin, so dass die Diskussion, zu der Sotavaltas U ntersuchung vielleicht auch weiterhin Anlass gibt, m einerseits unvollständig bleiben muss.

Ich ergreife hier vor allem deshalb das W ort, weil er als wichtigstes Beweismaterial das von m ir veröffentlichte und untersuchte M elodienmaterial verw endet hat.

Zunächst einige W orte über das Tonhöhenbewusstsein.

1 S itzungsberichte der F innischen A kadem ie der W issenschaften 1938, S. 90— 106.

2 a. a. O. S. 105.

S otavalta sagt u. a. »Es muss wohl angenomm en werden, dass die Menschen oder die ihnen vorausgegangenen Wesen aus diesen oder jenen G ründen dazu gekommen sind, im Laufe unermesslicher Zeiten Schälle, Töne verschiedener Tonhöhe, zu prüfen.» Solche Laute sind die in den ersten Hilfsschreien des Kindes hörbaren ä und i, und das Beachten dieser Laute

»entwickelte gleichzeitig im Laufe unerm esslicher Zeiten das Gehörorgan des Menschen in der Weise, dass es gegenüber den auf die in diesen Yokalen enthaltenen wichtigsten Tönen am empfindlichsten w urde».1

Aber warum Beobachtungen an einem neugeborenen Kinde als Ausgangspunkt wählen? Ist denn auch anzunehm en, dass z. B. ein Buchfink seinen Gesang von einem eben ausgeschlüpf­

ten Jungen gelernt hat, das die Melodie noch nicht kann?

N icht n ur das K ind, sondern auch der Erwachsene war in der Urzeit zu lautlichen Äusserungen gezwungen, die sowohl W orte wie Töne sein können. Jeder weiss aus eigener E rfah ­ rung, wie wichtig der Buf, d.h. das Verweilen auf einem festen Ton ist: den Buf hört m an weiter als einen unbestim m ten G eräuschlaut. Zwar findet m an bei den menschenähnlichen Affen keine Bufe, zu denen wir z. B. das eintönige Schreien des Schwarzspechts, vielleicht auch den Buf des Kuckucks rechnen können. Aber wir brauchen nicht anzunehm en, wie Stum pf gegenüber Darwin getan hat, dass der Mensch seine Gesangs­

k unst erst in der Nachahm ung des Vogelgesanges erlernt habe. Dem Menschen ist infolge seines Geschlechtes, Alters sowie stim mlichen Organismus die Fähigkeit, ja geradezu die Notwendigkeit angeboren, denselben Ton oder dieselben Töne in verschiedener Höhe zu rufen. Bei den N aturvölkern h a t m an festgestellt — dies geht auch aus dem Gesang der K ulturvölker hervor — , dass derselbe Mensch seinen Buf auf dem gleichen Vokal singt, z. B. dem a oder u, und zwar bald niedriger, bald höher. Diese Fähigkeit zum Transponieren besitzen die Tiere nicht, wenn auch — um hier meine Beob­

achtungen über das Bufen desselben Kuckucks anzuführen — geringfügige Schwankungen in der Tonhöhe zu verschiedenen Tageszeiten Vorkommen können.

1 a. a. O. S. 96— 97.

Ein zufällig ausgestossener Euf, an dem mehrere beteiligt sind, ist nicht einstimmig: jeder ruft auf dem Ton, der ihm am besten liegt. W ir dürfen wohl annehm en, dass schon im frühesten Entw icklungsstadium des Menschen eine Teilung in verschiedene Register, auch abgesehen von der nach den Geschlechtern, also vom Sopran bis zum Bass stattgefunden hat. In dem Massenruf, der weiter zu hören ist als der eines Einzelnen, entstehen Töne in verschiedener Höhe und aus ihnen Tonintervalle. Die Oktave, das natürliche Intervall zwischen Männer- und Frauenstim m e, ist ohne Zweifel zuerst entstanden, da die Töne bei ihr so verschmelzen, dass wir dabei nicht von Zweistimmigkeit sprechen. Die Töne im Quarten- und Quintenverhältnis verschmelzen ebenfalls m it­

einander und zwar so, dass, wie U ntersuchungen gezeigt haben, die Quinte von Unmusikalischen zu 10—60 %, die Q uarte zu 28—36 % als ein Ton aufgefasst wird. Im Volkslied haben wir noch heute ein Singen in Quarten- und Q uinten­

parallelen, das die Betreffenden als einstim m ig auffassen.

Dass die Entw icklung zu bestim m ten Intervallen ausser über die Oktave vor allem über die Quinte und Quarte vor sich gegangen ist, wie Stum pf a n n im m tx, kann ich durch eigene Feststellungen über die A rt, wie die fünfsaitige K antele gestim m t wird, bestätigen. D er Spieler stim m t zuerst die äusseren Saiten (1, 6) auf die Quinte, dann die benachbarten Saiten (1, 4 und 5, 2) auf die Quarte. Die m ittlere Saite (3) kom m t dann bald höher, bald tiefer zu liegen, also gegenüber dem G rundton als grosse oder kleine Terz, bisweilen auch neutral, ohne dass das »Tonhöhengefühl» des Spielenden dadurch gestört würde.

So kommen wir zu den eigentlichen T o n l e i t e r n , die ihrem Umfang und ihrer inneren S tru k tu r nach auch bei den Volksmelodien sehr verschiedener A rt sein können. H ier sei auf die Theorie Spencers hingewiesen, dass die Intervalle und Tonleitern beim Gesang aus den musikalischen Akzenten und Tonfällen beim Sprechen entstanden seien. Vor allem bei erregtem Sprechen kommen die Höhenunterschiede am

1 C . St u m p f, D ie A nfänge der M usik, S . 2 8 .

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deutlichsten zum Ausdruck. Stum pf b a t demgegenüber d a r­

auf hingewiesen, dass in der Musik die Tonverhältnisse im allgemeinen m athem atisch genau zu bestim m en sind. Das, was die Musik wesentlich vom Sprechen unterscheidet, kann letzten Endes nicht auf das Sprechen zurückzuführen sein.

Wie m an sieht, ist S otavalta in seiner Vokaltheorie u n a b ­ hängig von Spencer, obwohl beide von der Sprache ausgehen.

S otavalta fü h rt ausserdem seinen Gedanken von der E n t­

wicklung der Melodik ohne Zweifel zu weit, wenn m an seine sparsam en Belege ins Auge fasst. Mir ist nicht klar geworden, was er m it 5- und 4-toniger Skala m eint. Beide haben ja m anche Arten. Im Zusam m enhang m it der 5-tonigen Tonleiter spricht er vor dem oben erw ähnten Z itat allerdings von einer pen- tatonischen Skala, genauer bestim m t also von der anhemitoni- schen, wie sie nach seiner Ansicht früher in der Musik der indogermanischen Völker vorkam. Ohne auf das schwierige und verwickelte Problem einzugehen, ob die P en tato n ik oder D iatonik im allgemeinen und insbesondere bei den Indoger­

m anen die ältere Entwicklungsstufe gewesen ist, ziehe ich wie auch S otavalta die Musik der jenseits des U ral wohnenden Völker heran. S otavalta sagt, dass sich in der Sam m lung

»Wogulische und ostjakische Melodien» zahlreiche im 4-tonigen Tonsystem zusam m engestellte Melodien finden. »Diese Ska­

len zerfallen in mehrere Typen, und die W eite der m eisten vom G rundton an aufw ärts ist die Quinte; bei zweien um fasst sie eine Q uarte und bei zwei anderen eine Septime sowie bei einer eine Sexte.»1 Ausserdem weist er auf einige juraksam o- jedische und lam utentungusische Melodien hin. D a das M ate­

rial so knapp ist, dürfte es angebracht sein, eine von m ir vorge­

nommene S tatistik über die Ob-ugrischen Melodien hier anzu­

führen, in der 31 in der erw ähnten Sam mlung nicht veröffent­

lichte Melodien m it ihrem melodischen Umfang angeführt sind. U nter 239 Aufzeichnungen sind folgende Intervalle vertreten: Sekunde 1, Terz 6, Q uarte 30, Quinte 68, Sexte 37, Septime 23, Oktave 45, Жопе 17, Dezime und Undezime 12.a

1 a. a. O. S. 101.

2 Vä i s ä n e n, U ntersu ch u n gen über die O b-ugrischen M elodien, S. 95, Tab. 19. — Ich verw ende s t a tt des A usdrucks Skala ’G e- b rau ch sleiter’.

Wie m an aus der S tatistik ersieht, steht die Quinte in bezug auf Häufigkeit an erster Stelle. In m einer Untersuchung habe ich übrigens die Auffassung ausgesprochen, dass Melodien m it einer engen Gebrauchsleiter bei den Ob-Ugriern wie auch anderswo einen früheren Entw icklungsstand vertreten. W enn m an eingehend die engen Gebrauchsleitern untersucht, so findet m an in ihnen beide Tonarten (Dur und Moll) vertreten sowie Verschiedenheiten bezüglich der Tonalität. W eiter bem erkt m an neben den lückenlosen Gebrauchsleitern auch lückenhafte, in welch letzteren zwischen den extrem en Tönen der diatonischen Tonleiter ein oder m ehrere Töne fehlen.

W enn S otavalta im Zusam m enhang m it den Melodien in der Quinte oder noch grösserem Am bitus von einer 4-tonigen Skala spricht, m eint er wahrscheinlich gerade die lücken­

haften Melodien. Dies geht übrigens daraus hervor, dass er die Tonentsprechungen der durchschnittlichen Eigenhöhen (von g aufwärts) der dunklen Vokale in den altaischen Spra­

chen folgendermassen angibt:

g a h d

0 O/ļ 0/ 0 0/1 'Iļ Ö/ļ ъ

Dies ist nach S otavalta eine Skala »wie sie in der sibirischen Tetratonik am häufigsten vorkom m t. Es erscheint also mög­

lich, dass die in den Melodien der sibirischen Völker anzutref­

fende T etratonik sich auf der Grundlage des in den altaischen Sprachen vertretenen Vokalismus entwickelt h ä tte».1

Zunächst ist zu bem erken, dass in den wogulischen und ostjakischen Melodien, die S otavalta als seine um fangreichste Quelle angibt, für die in Frage stehende Gebrauchsleiter, einen lückenhaften D urpentakkord (Dur 1—3, 5), nur 5 wogulische Proben vorliegen, während die entsprechende lückenlose 5-tonige Gebrauchsleiter (Dur 1—5 oder V-2) m it 30 Melodien verteten ist. Auch in den M ollpentakkorden (1—5) sind die lückenhaften Gebrauchsleitern, die m an 4-tonige Gebrauchsleitern nennen könnte, selten.2

Diesen statistischen Angaben, welche die Behauptung

1 a. a. O. S. 101— 102.

2 U ntersuchungen . . . , s. z. B . S. 86 »Diatonische und p entatonische G ebrauchsleiter».

•widerlegen, dass die ể-tonige Gebrauchsleiter bei den Ob- Ugriern w eitverbreitet gewesen sei, möchte ich keine e n t­

scheidende B edeutung beimessen, da hier die Erscheinungen der grossen altaischen Sprachengruppe zu untersuchen sind.

Vom S tandpunkt der Melodien aus ist noch nicht genügend M aterial veröffentlicht, dass m an sichere Schlüsse bezüglich der Häufigkeit dieser oder jener Gebrauchsleiter ziehen könnte. Soviel kann m an jedoch sagen, dass die Melodik von zwei zur altaischen Sprachgruppe gehörenden Völkern nach ihren W ohnsitzen zu urteilen in den Grundzügen verschieden­

artig sein kann. Es ist ja bekannt, dass für die N ordtürken, die K asantataren und auch für die sibirischen T ataren eine P entatonik m it weiter Gebrauchsleiter charakteristisch ist, die u. a. die Melodien der Tscheremissen und W otjaken beeinflusst hat, während für die Südtürken, u.a. für die Krim- Tataren, eine D iatonik kennzeichnend ist, welche reichlich chromatische Töne e n th ä lt.1 W eiter kann ich hier auf die Feststellung hinweisen, die ich im Sommer 1937 in Leningrad im Phonogram m archiv der Sowjetrussischen W issenschaftsaka­

demie gemacht habe, dass auch die Melodien der in West- und Ostsibirien wohnenden Tungusen verschiedene Stile vertreten.

Auf Grund der Anzahl der Töne in den Melodien lässt sich also meines E rachtens das in Frage stehende Problem nicht lösen. Drei- oder zweitonige Melodien brauchen wir nicht in den Liedern der W edda auf Ceylon oder bei gewissen In d ia ­ nerstäm m en zu suchen 2, sondern wir finden solche neben um ­ fangreicheren Gebrauchsleitern in unserer unm ittelbaren Nähe, im Ostseegebiet, und ausserdem z. B. bei den W olgavölkern.

Bestim m te Sam mlungen brauchen nicht angegeben zu werden, denn das M aterial ist sehr reichhaltig. S otavalta glaubt zwar ganz richtig, dass die Melodien schon in u ralter Zeit von dem einen Volk zum anderen gew andert seien. Aber wenn er sagt, dass infolgedessen die Völker m it 5-Vokalsystem en auch eine 4- tonige Skala erhielten und die Völker der 4-Vokalsysteme eine 5-tonige, so bewegt er sich auf unsicherem Boden. Die Beweise aus der Melodik heutiger Völker sind wertlos geworden.

A . O . VÄISÄNEN.

1 La c h, G esänge russischer K riegsgefangener.

2 V gl. a. a. O. S. 100.

persönlichen P ro n o n in a in den w estlichen