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Andere Einbände der Antwerpener Gruppe im Tallinner Stadtarchiv In die Antwerpener Einbandgruppe im Tallinner Stadtarchiv gehören noch

EINBANDDEKOR UND EINBANDSCHULEN

4. Die niederländische Einbandgruppe

4.11. Andere Einbände der Antwerpener Gruppe im Tallinner Stadtarchiv In die Antwerpener Einbandgruppe im Tallinner Stadtarchiv gehören noch

drei weitere Einbände, die ihrer Form nach Mappeneinbände sind und deren Dekor, mit einer Ausnahme, in Blinddrucktechnik ausgeführt ist.

2) Die Deckelfüllung des Rechungsbuches ist aus zusammengeklebter Maku-latur, der Bezugsstoff ist Rindsleder.325 Der Einband verfügt als einziger über sog. Doppeldeckel, der Brügger Einbandgruppe ähnlich, wo der Buchblock durch grobe zusammengefaltete Pergamentdeckel geschützt wird, die sich wiederum zwischen den Außendeckeln befinden. Der Einband hat zwei Ver-stärkungsstreifen, die über den Buchrücken auf den Vorder- und Rückdeckel reichen. Die Verstärkungsstreifen sind durch lederne Streifen in Kreuzver-flechtung auf die Deckel geheftet. Der Einband hat einen Riemen gehabt, von dem noch Fragmente auf dem Vorderdeckel vorhanden sind. Auf dem Vorderdeckel sind ein Hauszeichen, das fast den ganzen Deckel bedeckt, und

324 Niedergerichtsprotokolle in Kriminalsachen 1605-1655. TLA; Pachtbuch der Nikolaikirche.

1524–1691. TLA.

325 Rechenschaft der Zehnten Herren 1538–1690. TLA.

die Initialen ER sowie die Jahreszahl 1537 abgebildet. Die Abbildung auf dem Mittelfeld ist wahrscheinlich mit Hilfe der gleichen Technik ins Leder geprägt wie bei Brügger Einbänden: Die Abbildung wurde anhand xylographischer Holzstöcke von der inneren Seite in das Leder gepresst. Das Mittelfeld wird durch Bordüren umgeben, gebildet von Einzelstempeln. Die Stempelabdrü-cke sind mit Hilfe der Blinddrucktechnik in das Leder gepresst. Es sind im Dekor vier verschiedene Stempel zu erkennen: Antwerpener kleines Wappen, Löwe, Distel und Marienrose. Der Rückdeckeldekor bildet sich ähnlich wie auf anderen Mappeneinbänden im Antwerpener Stadtarchiv aus senkrecht und schräg laufenden Linien, die den Deckel einteilen. Die entstandenen Flächen sind mit Stempeln verziert.326 Hier sind die Stempel unsymmetrisch eingeprägt. Auf dem Rücken sind die die Stempel übereinander. Die Klappe ist mit senkrechten Reihen aus Stempeln verziert. Zu wem die Initialen ER und das Hauswappen auf dem Vorderdeckel gehören, ist wegen mangelnder Informationen nicht bekannt. In der Regel waren Einbände mit einem sol-chen Dekor Auftrag einer konkreten Person, da Hauszeisol-chen und Initialen zu einem konkreten Menschen gehört haben müssen. Ob der Einband von einer in Tallinn oder einer in Antwerpen wohnenden Person bestellt wurde, ist ebenfalls nicht bekannt. Da das Buch in Benutzung durch den Tallinner Rat war, könnte angenommen werden, dass der Auftraggeber aus Tallinn stammte.

Die Einteilung des Buchblockes und die Bezeichnungen weisen darauf hin, dass der Einband nicht in Tallinn gefertigt wurde. Auch sprechen die im Dekor eingesetzten Motive eindeutig für Antwerpener Buchbindereien. Warum und wie das Buch als Rechnungsbuch für Erbschaftssteuer in den Gebrauch des Tallinner Rates kam, der weder mit den Initialen noch dem Hauszeichen eine Verbindung hatte, ist nicht bekannt. Die Jahreszahl auf dem Deckel deutet auf das Jahr der Einbandfertigung.

(3) Der zweite Einband dieser Gruppe beinhaltet Eintragungen des Schul-denbuches von Jasper Kappenberch aus den Jahren 1546-1550.327 Der Map-peneinband ist mit braunem Rindsleder überzogen, die Deckenfüllung bildet sich aus Makulatur. Der Einband hat zwei Verstärkungsstreifen, die mit Hilfe heller Lederstreifen in Kreuzverflechtung angeheftet sind. Der Einband hat einen Riemen gehabt, es sind noch einige Fragmente vorhanden. Auf dem Mittelfeld des Vorderdeckels sind zwei senkrechte Bordüren zu sehen, gebildet durch Abbildungen eines Löwen-Stempels. Der Stempel mit dem Löwenbild unterscheidet sich von dem der anderen Einbände. Das Mittelfeld wird durch

326 Vgl, Rekneningen van outvang 1549–1550. SAA.

327 Schuldenbuch des Jasper Kappenberch. 1546–1550. TLA.

Bordüren umgeben, gebildet von Stempeln mit Abbildungen des doppelköp-figen Adlers und des kleinen Antwerpener Wappens. Der Rückdeckeldekor bildet sich dieser Gruppe ähnlich aus schräglaufenden Linien und die ent-standenen Flächen sind mit Stempeln verziert. Der Rückdeckel ist in vier Flächen geteilt, die von schräglaufenden Linien durchquert werden. In den entstandenen Dreiecken sind Stempel eingeprägt. Der Einbandrücken und die Klappe sind mit Stempeln dekoriert. Auf der Klappe war vermutlich auch eine Bordüre durch Rollenabbildung, aber da die Klappenränder teils verloren und teils abgeschnitten sind, kann anhand der Analogie mit ähnlichen Ein-bänden nur vermutet werden, dass sich darauf eine Rollenabbildung befand.

Der Stempel mit dem doppelköpfigen Adler kann auf zwei mappenartigen Einbänden mit der Abbildung Karl V. als Ganzfigur gefunden werden, beide befinden sich im Antwerpener Stadtarchiv.328

(4) Das letzte Buch der Einbandgruppe ist das Pachtgelderbuch der Nikolai-kirche aus den Jahren 1524-1691.329 Die Deckenfüllung des Mappeneinbandes im braunen Rindleder ist aus Klebepappe. Der Einband hat zwei Verstärkungs-streifen, die in Kreuzverflechtung mit hellen Lederbändern an die Deckel geheftet sind. Der Einband verfügt über einen Riemen. Das Mittelfeld des Vorderdeckels ist groß, mit dem Stricheisen in senkrechte und waagerechte von Stempeln gebildete Bordüren geteilt. Der Randrahmen wurde durch Rolle mit der Vogel-Abbildung gebildet. Im oberen Bereich des Vorderdeckels ist Text in Golddruck ANNO 1551 und ein Teil des Buchtitels; der Text ist sehr ver-schlissen, kaum sichtbar. Offensichtlich wurden auf dem Vorderdeckel später, schon nach der Ingebrauchnahme des Buches, eine abgekürzte Überschrift und die Jahreszahl in Golddrucktechnik hinzugefügt. Die Zahl bezeichnet das Jahr der Hinzufügung des vergoldeten Titels. Auf dem Mittelfeld des Rückdeckels drei sich kreuzende Bordüren, zwischen ihnen Stempelabdrücke. Den Rand-rahmen bildet eine Rollenabbildung. Die Klappe ist mit Bordüren verziert, die von einer Rolle und von Stempelabdrücken gebildet sind.

Die örtliche Heraldik Antwerpens hat im Dekor der oben beschriebenen Einbände klare Spuren hinterlassen. Am meisten verbreitet ist das kleine Antwerpener Wappen, das auf keinem der Einbände dieser Gruppe fehlt, wobei andere Stempel vom Einband zu Einband wandern. Somit stellt sich die Frage, ob Antwerpener Buchbinder verpflichtet waren, ihre Produkte mit dem kleinen Wappenbild zu kennzeichnen. Es fehlen sichere Angaben

328 Stadsrekeningen 1537–1538. SAA; Stadsrekeningen 1541–1542. SAA.

329 Pachtbuch der Nikolaikirche. 1524–1691. TLA.

darüber, weshalb auch nicht von einer von der Gilde reglementierten Ver-pflichtung gesprochen werden kann. Die Einsetzung des kleinen Antwerpener Wappens war unter Antwerpener Buchbindern sehr verbreitet und kann eine freiwillige Sitte gewesen sein, eigene Produkte zu kennzeichnen. Das kleine Antwerpener Stadtwappen wurde zum Beispiel auch von Plantin auf seinen Einbänden eingesetzt.330 Die Antwerpener Buchbinder waren Mitglieder der Heiligen Lukasgilde. Viele Meister haben mehrere mit der Buchherstellung verbundene Berufe ausgeübt. So waren Buchbinder öfters auch Drucker und Buchhändler, zum Beispiel der bekannte Christophe Plantin,331 der mit seiner Tätigkeit in Antwerpen als Buchbinder begonnen hatte. Ebenfalls waren viele Buchbinder als Buchhändler und Verleger tätig, manchmal auch als Vergolder.

Es gibt Informationen über einen Buchbinder, der auch Schnallen, angeblich für Mappeneinbände, herstellte.332 Die oben beschriebenen Einbände sind wahrscheinlich als Zufallskäufe nach Tallinn gelangt, da es keine weiteren Einbände mit der Heraldik von Antwerpen in Tallinner Sammlungen gibt.