• Ei tuloksia

EINBANDDEKOR UND EINBANDSCHULEN

6. Die Werke des Meisters des Privilegienbuches

6.1. Über den Buchbinder

Aus früheren Studien wird ersichtlich, dass der erste estnische Einband-forscher Hans Treumann den Buchbinder des im Tallinner Stadtarchiv auf-bewahrten Privilegienbuches der Stadt Tallinn aus dem Jahre 1543 als den Buchbinder des Jahres 1543 bezeichnet.462 Es ist bekannt, dass der Stadtrat im gleichen Jahr einem Buchbinder das Einbinden des Privilegienbuches vergütet hat.463 In der Quelle werden aber weder Name noch Herkunft des Buchbinders erwähnt. Auf Grund dieses Vermerkes nahm Treumann an, dass das Buch von einem örtlichen Meister eingebunden wurde.464 Er fügt hinzu, dass es sich um einen der frühesten datierten örtlichen Einbände handelt.465 Wegen mangelnder Angaben aber ist die Herkunft des Meisters schwer feststellbar und somit ist es auch nicht bekannt, ob es sich um einen Tallinner Buchbinder des 16. Jahrhunderts handelt oder nicht. Es war allgemein üblich, ausländische Handwerker zu beauftragen und eine solche Möglichkeit sollte auch in diesem Fall nicht ausgeschlossen werden. Zudem sind recht viele Einbände bis heute erhalten, bei deren Verzierung gleiche Stempel wie auf dem Privilegienbuch eingesetzt worden sind. Vergleicht man diese Stempel mit den Stempeln im Haeblers Katalog, so finden sich dort wohl ähnliche, aber keiner von diesen

462 Treumann 1977, 30.

463 Dem Buchbinder wurden 25 Mark und 302 Killing bezahlt, was ein beträchtlich hoher Betrag

ist. Siehe Kämmereirechnungen 157-158 . TLA . Siehe auch Treumann 1977, 28.

464 Hans Treumann erwähnt einen Einband mit einem noch früheren Datum, das

Rechnungs-buch Rechenschaft der Zehnten Herren, in dem Eintragungen aus den Jahren 1538-1690 vorhanden sind, wobei er glaubt, dass es sich um ein von einem örtlichen Buchbinder gefertigtes Buch han-delt. So ist es aber nicht. Irrtümlicherweise sind viele Geschäftsbücher im Tallinner Stadtarchiv als Produkte von Tallinn betrachtet worden. Im Dekor des Rechnungsbuches Rechenschaft der Zehnten Herren sind das kleine Wappen von Antwerpen sowie andere auf Antwerpen weisende Symbole enthalten. Der Einband gehört in die Antwerpener Einbandgruppe und ist in dieser Stadt auch gefertigt. Siehe vorne.

465 Treumann 1977, 28.

ist identisch. Auch diese Tatsache spricht dafür, dass es sich eher um einen örtlichen Buchbinder handeln könnte.

Aus der gleichen Zeit, als das Privilegienbuch der Stadt Tallinn gefertigt wurde, gibt es auch Vermerke über Gerth Kulemann und seine Einbände.466 Mehrere Quellen berichten über ihn als über einen in seiner Zeit bekannten Stadt-bürger und Buchbinder. Daraus könnte man ableiten, dass der Buchbinder des Privilegienbuches Kulemann war. Vergleicht man aber den Einband des Privilegienbuches und die Einbände von Kulemann, so lässt sich eine un-terschiedliche Wahrnehmung erkennen und es sind unun-terschiedliche Kom-positionen und Stempel eingesetzt worden. Anhand des Vergleiches kann behauptet werden, dass Kulemann das Privilegienbuch nicht gebunden hat.

So stellt sich aber die Frage, warum er das nicht getan hat? Oder ein anderer bekannter Tallinner Meister? Ob es sich beim Buchbinder des Privilegien-buches um einen örtlichen Meister handelt, der viele Einbände gefertigt hat, aber dessen Name uns heute nicht bekannt ist? Wegen lückenhafter Angaben ist es schwer eine ausführliche Antwort auf diese Fragen zu finden. Die be-handelten Einbände können auch von einem Meister gefertigt worden sein, der sich nur kurz in der Stadt aufhielt. Da der Einband des Privilegienbuches eines der besten Beispiele für die im 16. Jahrhundert vorherrschenden Rich-tungen in der Einbandkunst ist, muss der Meister des Privilegienbuches für seine Fertigkeiten bekannt gewesen sein, da gerade er und nicht ein anderer der in der Stadt tätigen Buchbindern vom Tallinner Rat beauftragt wurde.

Hans Treumann hat in seinen Studien eine Reihe von örtlichen Buchbindern festgestellt, unter ihnen auch den Buchbinder des Jahres 1543 und den nur durch seinen Initialen bekannten Meister TS. Treumann unterscheidet zwischen den Einbänden beider Meister und klassifiziert diese in einzelne Gruppen, wobei der spätere Einbandforscher Endel Valk-Falk den ganzen früheren Einbandstoff in eine und dieselbe Gruppe zusammenfasst und als Hersteller dieser Einbände zuerst den Meister TS und später den Meister HD bestimmt.467 In einem schriftlichen Beitrag von Valk-Falk werden die beiden Meister HD und TS gemeinsam erwähnt, wobei letzterer in Klammern nach HD angegeben wird.468 Der Autor erklärt nicht näher, was er mit dieser Markierung ausdrü-cken wollte. Weiter werden im Beitrag die Einbände des Buchbinders des Jahres 1543 und von TS behandelt, wobei Valk-Falk diese als Einbände des Tallinner

466 Siehe vorne die Einbandgruppe von Gerth Kulemann.

467 Valk-Falk 1990, 199; Valk-Falk 1994b.

468 Valk-Falk , 1994b.

Meisters HD in Betracht zieht.469 In die Einbandgruppe werden von ihm auch noch weitere Einbände hinzugefügt, die sonst außerhalb der oben erwähnten Gruppen bleiben. Leider erklärt der Autor nicht, wie er zu dieser Schlussfol-gerung gelangt ist, und auch nicht, worauf er seine Behauptung stützt, dass HD ein Tallinner Meister sei; ebenso wird nicht erklärt, nach welchen Grundsätzen die Einbandgruppe von ihm zusammenstellt wird. Wahrscheinlich behandelt Endel Valk-Falk den Meister HD aufgrund vorhandener Initialen auf einer Rolle. Weiter wird in seinem Artikel über die Person berichtet, die sich hinter den Initialen HD verbirgt, aber nicht als Buchbinder, sondern als Stempel-stecher. Valk-Falk interpretiert die Initialen als den Sohn Hans des Tallinner Münzenmeisters Urban Dene: Hans Dene war in der Münzerei angestellt.470 Da der Autor in seinem Artikel die Initialen HD sowohl in Verbindung mit dem Tallinner Buchbinder als auch mit dem Stempelstecher verwendet, bleibt unklar, wen der Autor damit meint. Im gleichen Aufsatz kommt der Autor auch auf die Initialen TS zurück und räumt ein, dass diese in Blinddruck in das Leder des Einbanddeckels eingeprägten Buchstaben wohl die Initialen eines Buchbinders sein müssen.471

Die Rolle mit den Initialen HD, die viel Verwirrung erzeugt hat, ist auf einem Einband472 zusammen mit anderen Stempeln zu finden, die auch auf dem Privilegienbuch vorkommen. So handelt es sich einfach um eine Hinzufügung in den Stempelbestand der Einbandgruppe des Privilegienbuches. Da öfters die Initialen des Stempelstechers auf Stempeln vorhanden sind, kann es sich tatsächlich um den Stempelstecher handeln. Ob sich hinter diesen Initialen der Sohn des Tallinner Münzenmeisters, Hans Dene, verbirgt oder jemand anderer, ist wegen lückenhafter Information nicht feststellbar. Im Haeblers Katalog gibt es einen Meister mit den Initialen HD, dessen Rollen haben aber ein anderes Aussehen. Aus dem Katalog ist ersichtlich, dass sich hinter den Initialen der in der Mitte und der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts tätig gewesene Wittenberger Meister Hans Dietz verbergen kann, dessen Stempel nach seinem Tode angeblich von seinen Kollegen weiter benutzt wurden.473 Anhand der Einbände der Einbandsammlungen des Tallinner Stadtarchivs und der akademischen Bibliothek der Tallinner Universität konnte ich feststellen, dass die Einbände des Buchbinders des Jahres 1543 und die des TS untereinander keine Verbindung haben.

469 Ibid.

470 Valk-Falk 1994b.

471 Ibid.

472 TKÜ AK I, 2201 (92629).

473 Haebler 1928-1929, Bd.1, 88–90.