• Ei tuloksia

Nach der herrschenden Anschauung vertreten im W otischen Õ, õ, ẽ in hauptbetonter Silbe, verglichen m it den in en t­

sprechender Stellung z. B. im Finnischen begegnenden Diphthongen u o , ü ö , iç , den ursprünglicheren Stand. Doch scheint die Erwägung am Platze zu sein, ob die entgegen­

gesetzte Auffassung, die von der früheren Forschung gehegt wurde, zu begründen ist und zu welchen Folgen sie führen könnte.

Es ist bemerkenswert, dass im W estwotischen Formen Vor­

kommen wie tu vv a , vuvven, sü v v ä , v id jä s s ä , eb lid jä (woiO vöeD, лоаа, ỉẽäG, Joenperä v ẽ jje ) ( K e t t t j n e n , Vatjan kielen äännehistoria 6 2 , 6 3 , K e t t u n e n und Po s t i, N äytteitä vatjan kielestä 6 3 ). Nach K ettunens Ansicht sind diese Formen so zu verstehen, dass sich der Anfangsteil des m ittelhohen Labialvokals (ö, o) unter dem Einfluss von v zu u , ü assimiliert hat. Auch nach langem e tritt eine entsprechende E ntw ick­

lung vor j auf: v id jä s s ä < v ijjä s s ä < *vētä k se n . W enn man jedoch an dem Prinzip festhält, dass die Sprachwissenschaft die Erscheinungen auf die einfachste W eise erklären soll, ist auf diese Fälle am ehesten dieselbe Erklärungsweise anzuwen­

den wie auf die entsprechenden Formen des Finnischen und Karelisch-Olonetzischen. So findet sich im savosclien Dialekt tiijjon 'der K enntnis’, tiijjän ’ich w eiss’, viijjessä 'beim W egtragen’, tuuvvessa 'beim Bringen’, ly y v v ä 'schlagen’, m yyvvessä 'beim Verkaufen’, ruuvvan 'der Speise’, kiijjun

’ich krähe’ ( Br a x, Pohjois-Savon kielim urteesta 2 3 1 , 2 3 3 ).

Im Karelisch-Olonetzischen begegnen Formen wie lüveh

'Nordwesten’, muvä 'verkaufen’, im Olonetzischen luvveh

’N orđw esten’, juvva ’trinken’, luvva 'schaffen’, tuvva 'bringen’, süvvä ’essen’ ( O j a n s u u , Karjala-aunuksen äännehistoria 98).

Für die Erklärung der finnischen und karelisch-olonetzischen Formen bedarf es nicht der Annahme eines Stufenwechsels der Vokale und auch keiner anderen künstlichen Erklärungen.

Fassen wir ein Beispiel wie *runyan > ruoan > rüan ins Auge, so genügt die Lautum gebung vollauf zur Erklärung des W andels uọ > ü. Dasselbe gilt von allen Fällen. Aufschluss­

reich ist der D ialekt von Luhanka, in dem nebeneinander Formen wie tũvva, lūvva, sũvvä, tījjä und tuoja, lüöjä, süöjä, tiẹvotanzutreffen sind. W enn wir in der Form tũvvaetc. einen in schwacher Stufe aufgetretenen höheren Labialvokal vor uns hätten, m üsste er ebensowohl in der Form tuoja etc.

wiederzufinden sein (also: *tüja).

Unwahrscheinlich und gezwungen ist der obenerwähnte Erklärungsversuch von K ettunen; ist doch z. B. bei der Annahme von *vẽôäksen > vidjässä der W andel von zu i gar nicht wahrscheinlich. Im W otischen konstatiert man ferner solche Form en wie vühẽ ’in den Gürtel’, m ius ’Leib, Taille’, tšihub ’es sied et’ (in den krewinischen Denkmälern kommt die Form kihub ’es sied et’ vor). Diese Formen kann man noch weniger durch die Annahme früherer Vokale ẽ, Õ, erklären, aber sie sind verständlich, wenn wir als ursprünglich die D iphthonge ie, uo, üö annehmen, die vielleicht in diesen Stellungen zuerst zu langen ī, ü, ü geworden sind und sich dann gekürzt haben, wie im W otischen überhaupt langer Vokal vor h gekürzt worden ist (suhē ’in den Mund’, j)ähẵsẽ

’in den K opf’). In den angeführten Fällen hat nicht mehr die Möglichkeit einer regressiven Assim ilation, d. h. einer Verwandlung in lange Vokale bestanden, nachdem die zw eite K om ponente des Diphthongs geschwunden war.

D a jedoch die beiden eben vorgeführten — ziemlich spär­

lich vertretenen — Beleggruppen trotz ihrer Überzeugungs­

kraft eine ziem lich schmale Grundlage für die Theorie bilden, dass die langen ẽ, ō, ö des W otischen auf die früheren D i­

phthonge iẹ, uo, üö zurückgehen, ist es angebracht, soweit möglich, nach weiteren Stützen für diese Annahme zu suchen.

Die Diphthonge uo, üö, ię in der hauptbetonten Silbe. 191

Was also das W otische betrifft, ist zu bedenken, dass man auch heutzutage in gewissen wotischen Dorfschaften anstatt der allgemeinen langen Vokale Diphthonge findet. Diese Dorfschaften sind K attila, Pontilova, Pummala, also Gegen­

den im Zentrum des wotischen Gebietes. Die Diphthongierung erstreckt sich, nach den Sprachproben zu schliessen, auch auf spätentstandene lange Vokale, — die Diphthongierung kann übrigens vollständiger oder unvollständiger sein, — z. B. iestä 'zuerst’, vèettĩ ’es wurde genom m en’, ne kn 'ich schreite dazu’, tıètä 'den W eg’ (Part.), tuorehta ’frisch’ (Part.

Sg.), müö ’wir’ (K ettunen-Posti, a. a. O. 40, 48); auch ausser­

halb der ersten Silbe konnten spätentstandene lange Vokale eine Diphthongierung erfahren, z. B. pojüb 'des K naben’, armüb ’der Gnade’, tälỉiè ’ih m ’, meiliè ’u ns’, meheỉỉèsỉè ’dem Manne’.

Über die Diphthongierung äussert A . J . Sj ö g r e n: »Gleich den Tscliuden und den Kareliern sprechen die W oten peä, nicht pää, Koj)f; dagegen ist ihnen der finnische Doppellauter uo nicht immer mehr so geläufig, und obzwar sie ihn in ein i­

gen Wörtern (wie nuori jung, suo Moor) beibelialten, so wird in ändern, z. B. ruho Gras, huono (woŧisch uno) schlecht, das u kaum mehr gehört; aus vuohi Ziege ist bereits voho geworden. — Die Fürwörter lauten bei den W oten miä ich siä du (finnisch mie, sie) täm ä er sie es, im Plural myö, työ, nämä.» (Gesammelte Schriften I 565.)

Beachtenswert sind auch die krewinischen Denkmäler.

Die Redaktion W iedemanns erschwert zwar die Gewinnung eines klaren Bildes, aber man kann doch feststellen, dass A. J. Sjögren, der einzige, der etwas von dem Krewinischen aufgezeichnet hat und alle Voraussetzungen dazu besass, die von ihm gehörten Laute richtig wiederzugeben, abgesehen von dem W orte roh, rou ’Gras’, das einen Typus für sich darstellt, im Jahre 1846 einen D iphthong schrieb. Belege sind mehr als zehn vorhanden: nuor, mıorikā, uoman, kuolen, juo, suoja, šüön, lüön, mie, sie, kiel, peremies, (erste K om po­

nente des Diphthongs:) süjä, süjä. — Sjögrens Vorgänger, der Pastor Karl Lutzau, der seine Aufzeichnungen im Jahre 1810 m achte, bietet im allgemeinen o, ö, e, aber ziemlich

häufig auch Bezeichnungen, die Diphthonge wiedergeben sollen. Z. B. kuolt 'gestorben’ (2 mal), puol 'Seite’ (mehr­

fach), ruoska 'Peitsche’, uoman 'Morgen’, uom est, uomenik 'Morgen’, schüeme 'wir essen’, schümi 'wir essen’, uete ’die N a ch t’ (Part.), ueśśe ’yössä’, lüen ’ich schlage’, lüetäh ’es wird geschlagen’, lüetüh 'geschlagen’, lüem en 'das Schlagen’, müet ’wir’, mies, miespohl 'Mannsperson’, tieh 'Strasse’, kiäle 'Zunge, Sprache’. — Auch bei dem ältesten Aufzeichner Appelbaum — M itteilung aus dem Jahre 1774 — finden sich zum m indesten 2 auf einen D iphthong oder die erste Kom ponente eines Diphthongs hinweisende Formen: kühel 'Zunge, Sprache’, Üsele n a c h ts ’, (mie ’ich ’). — Vergleicht man hiermit die ältesten Aufzeichnungen des Finnischen, so ist zu konstatieren, dass die Aufzeichnungen Appelbaums sogar besser für diphthongische Artikulation sprechen als manche Denkmäler der finnischen Sprache. So wird der D iphthong uo in dem Fragm ent eines finnischen E vangelien­

buchs in Upsala mit o oder oo, der D iphthong üö m it ö, öö oder manchmal öe wiedergegeben. Nichtsdestoweniger hat man angenommen, dass dieser wie auch die anderen alten Schreiber die Diphthonge uo, üö gem eint haben.

Die Hinweise der krewinischen Denkmäler auf D iphthonge sind insofern von Interesse, als sie auf ihre Weise eine K ontrak­

tion der wotischen D iphthonge bezeugen. Nehmen wir näm ­ lich die Schlussfolgerung von Mag. La u e i Po s t i (Kalevala- seuran vuosikirja X IV 139) als wahrscheinlich an, nach der die Krewinen, weil sie keine Belege für den im W oŧischen nachweisbar mindestens schon um 1500 eingetretenen Wandel k > tš bieten, aus einem Gebiet eingewandert sein müssen, in dem dieser Wandel im allgemeinen nicht bekannt ist, d. h.

aus der Gegend von Kukkosi. Was folgt hieraus? Offenbar, da die fraglichen D iphthonge heute in Kukkosi nicht Vor­

kommen, dass sie nach der Abspaltung der Krewinen (1450) in Kukkosi kontrahiert, d. h. in lange Vokale verwandelt worden sind. Dass in der verkümmernden Sprache der Krewinen nach deren Trennung eine Diphthongierung s ta tt­

gefunden hätte, ist nicht wahrscheinlich. Dadurch würde sich die Diphthongierung nämlich in eine sehr späte Zeit

Die Diphthonge uo, üö, ię in der hauptbetonten Silbe. 193

verlegen, in eine spätere, als für ihre Durchführung über­

haupt in den m it dem Finnischen verwandten Sprachen angesetzt worden ist. W enn diese Schlussfolgerung gut- geheissen wird, ist erwiesenermassen in einem wotischen Gebiet, in Kukkosi, eine K ontraktion der D iphthonge ein­

getreten.

Es gibt jedoch noch andere Um stände, die die K ontraktion des Diphthongs im W otischen wahrscheinlich machen, U m ­ stände, deren Beweiskraft nicht leicht zu verneinen ist. Im W otischen begegnen mundartlich Form en wie hōn <C *kuöon, p ēttĩ < *piôettihen, sẽllä, sẽll < sięlỉä < *siyällä. Aus der besonderen Art dieser Belege folgt, dass sie nicht zahlreich sein können, aber trotz ihrer geringen Menge kom m t ihnen ein bedeutender Beweiswert zu.

W eiter hinten im Wort liegen ebenfalls Fälle vor, in denen dieselbe K ontraktion der genannten D iphthonge stattgefun­

den zu haben scheint. In einem begrenzten Gebiet, in K oslova und teilweise in K erstova, kommen Form en vor wie kurkkōsẽa

’in die K eh le’, pīppōsēa ’in die Pfeife’, püssÕsēG’in die F lin te’, pillēsēe ’in die F lö te’, deren lange ō, o, ē K ettunen als Sen­

kungen der hohen K ontraktionsvokale ü, ü, г erklärt, wobei er ferner chronologische Schlüsse aus der Tatsache zieht, dass eine solche Senkung nicht in den Form en pīpũ 'der P feife’, püssü 'der F lin te’, pillĩ 'der F lö te’ usw. erfolgt sei (K ettunen, a. a. O. 149). »Senkung» ist jedoch nur ein Karne, durch den die Ursache der Erscheinung nicht erklärt wird.

Beachten wir die partielle Assim ilation, die im U lativ nach hauptbetonter Silbe stattgefunden hat, z. B. puhẽ, suhệ, kuhē, stellenweise im W otischen kuhö ’in w en ’, suhö ’in den Mund’

so dürften wir die Entwicklung *kurkkuhen > *kurkku(h)on

>

kurkkö(se) annehmen. Im Hinblick hierauf wäre in den

genannten Gegenden später im Wort eine ähnliche K ontrak­

tion des Diphthongs eingetreten wie in der ersten Silbe. Eine Labialisierung von e ist — obgleich keine totale Assimilation erfolgt ist — auch in den karelischen D ialekten von Inger­

manland bekannt: pûhon, šûhon (Ровккл, Ueber den ingri- sehen Dialekt 64). Ebenso sprechen für K ontraktion des Diphthongs die Fälle von

>

wie pillēsẽĠ ’in die F lö te’,

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