• Ei tuloksia

Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation und die Französische Revolution

Das Deutsche Reich, das seit 1789 von den Umwä1lzung,en der Fran­

zösischen Revolution erschüttert wurde, hatte alte und vera'ltete Grun,d­

lagen.75 Mit kleinen Verändemngen war i:mmer nodh di,e Kreiseinteil­

ung Kaiser Maxim�lians von 1500/1512 in Krnft. Die wiohtigsten Grund­

gesetz•e wairen die Besrt;immungen des W-estfälischen Friedens aus dem Jahre 1648. Seit diesem Firiedeh befand siclh Deutschland in einer äußerst schwachen Posiltion, di·e vor allem auf die po'1itisc:he Zerspli,tite­

rung des Reiches zurüokzuführen ist. SeiJt dem Dreißigjährigen Krieg hat­

ten alle deU!t\S·cihen T,eiJstaaten, aHe Ter,ri:tori,en zumindeslt formal di,e Rechte eines naJhezu souveränen :Staates. Diese zweitausend oder üibe,r zwe�hundevt Staaten, je naoh ,dem wie man sie berieohniet, bildeten das Reich. Das Ve11hältni,s der Te1111itorien zum Kaiser, dem formalen Ober­

haupt, war sehr unter-schiedlich. Die Gesan:d1ten d,er Höfe und Teil­

staaten stritten auf dem ständigen Reichstag in Regensburg über die Sit­

zung,sordnung, aber ,es war na-tü11lich auf Grund der Souveränität der Ein­

zelstaaten äußerst schwierig gemeinsame Beschlüsse zu fassen.

Die Hierarchie der deutschen Einzelstaaten untereinander war kom­

pliziert: es gab kurfürstliche Länder, geistliche Mitglieder des Fürsten­

kollegiums und welitili:ohe Fürsitentümer, die Gebtete der sogenannten Reichsgr.af.en und Rei-chsprälaten und schliießlich unabhängig,e Reii.chs­

städte ·und dazu noch eine unzälhlige Refüe von Reichsrittertümern. Diese

»verfassungismäßige» Teilung hatte jedoch 1keine praktische politische 75 Dieser überblick begründet sich hauptsächlich ,auf das obengenannte Werk W. H. Brufords (1936), in derer Ende eine gute staMsUsche Zusammenfassung steht. Siehe ,auch z.B. Valentin, Veit, Deutsche Geschichte I, München-Zürich

1965; Stretsa-nd (:1961); Huber, Ems,t Rudolf, Deutsche Venfassungsg,eschichte seit

1789 I, Stutit�ar,t 1957; Hartung, Frirtz, Deutsche V,er:liassungsgeschichte, Stuttgart

1950, s. 166-169.

Bedeutung. An ilhr,e Stel,le war ,eine neue Tei1lung getreten. Der Dualis­

mus, zu dem die schnelle Erstalikung Brand.enbrurg-Preußens s·eit dem 17. Jahrhundert geführt haitte, domi:nierte in WiTkliohlkeit in der Innen­

politik rdes Deutschen Reiches. Die Großmächte Preußen und Öster,reicih hatten die größten Besitzungen innerihailb des Reidhsgebietes, zu denen nooh ausgedehntere Gebiete auße:r1halb des Reiahsgebietes traten. Zum habsburgischen Machtbereich gehörten u.a. das Königreidh Ungarn, während die Hohenzollern über Ostpreußen ther11schten, da,s nicht zum Reich gehörte. Die T,eilung,en Polens braohten den beiden Großmächten noch einen we�teren Machtzuwachs. Na,ch 1795 lebten in d,en österreic­

hischen Gebieten, die zum Reich geihö,rten ungefähr 9,1 Mifüonen Unter­

tanen und in den Gebiieten außerhalb der Rei,chsg11enzen über 14 MHlio­

nen. Für Preußen lauten die entsprechenden Zahlen ca. 2,8 und fast 5 Mfüionen.

Die Territorien außerha1b dieser zwei miteinander lwnkurrierenden Großmächte bilden das sogenannte »dritte Deutschland». Sowohl seinem Gebiet als auoh seiner Einwo:hnerzaihil 111ach wa,r ·es .g.rößer a,ls Pr,eußen und Österreich, (wenn man nur die zum Reich gethörenden Gebiete berücksichtigt), aber die -totale ,staatliche Zersp,li,tterung v,erringe!'lte seine Bedeutung gegenüber diesen zwei Gr,oßmäohten. Die ,wichtigsten Länder des »drit-ten Deutschland» waren di,e Kurfürstentümer Pfalz-Bayern und Sachsen, die beide mehr als zwei Mi:llionen Ei!Ilwdhner zählten, und das Kurfürstentum Hannover (Kurbraunsohw,eig-Lüneburg), dessen Selbstän­

digkeit allerdings durch die Personalunion m�t Eng.land in gewissem Grad beeinträchtigt war, mit nahezu 800 000 Biriwohnern.76 Die nächst­

größeren Terr1to6en ,waren dann nach den Einwohnerzahlen Hessen­

Davmstadt ,(•ca. 650 000), Württemberg {über 600 000) und Hes,sen-Kassel (ca. 440 000). Methr als hunderttausend hatten dann noch Mecklenburg­

Schwerin, Holstein (dessen Herzmg König V'On Dänemank war), Sachsen­

Weimar, Sachsen-Gotha, Braunschweig-Wolfenbüttel, das schwedische Pommern und Baden. Dazu gab es noch 27 Fürstentümer mit weniger Ein­

wohnern.

Die deutsche Landkarte wird noch bunter ,durch die 95 Reichsgrafen, die sich ·in die V'ier Grafenkollegien 1teii1ten, mit iihren Grafschaften und die 50 freien Retchsstädte, cfae sich in zwei »tBänke» gruppierten. N:och k,1einer und bedeutungsloser waren die von den sogenannten

Reichsrit-7G Die Schwache des Personalunions zeigt wohl z.B. das, daß Hannover in Reichstag i.J. 1797 die Neutralitätspolitik Preußens und die Neutralität Nord­

deutschlands unter.stützte, was na.türlich gegen die Interessen Englands war. Hüf­

fer, Herrmann, Di,e Rastadter Con,gres,s und die zweite Coa1'ition, II, Bonn 1878, s. 92.

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tern 1beherrschten Territorien, w,o ma:n die Au:ff.aissung vertrat, daß man unmiittelbar dem Kai;ser unters-tehe. Dire Zustäinde in diesen Kleinstaa­

ten mit über 400 000 Einwohnern in ,Schwaben, Fmrnken und im Rhein­

land waren schlecht, meis-tenrs .schllechter als in den ,eig,enthchen Fürs-ten­

tümern.77 I,n den Reirchsstädten, äuße11St a:dstokratiJschen Gemeinschaf­

ten, die von ,erblichen Kauiimannspatriziern beherrischt wurden, lebte der größte Tei,l der Einwohner ganz ohne Sfaatsbürger.reohte. Die Exis­

tenz der Reichsgrafen, Reichsri:1Jter und Reichsstädte war vom Kaiser und von der andauernden Geltung der für das Reich eigenartigen Reichsver­

fassung abhängig. Die herrschende Schicht in diesen Kleirrstaaten hatte außerdem noch sehr enge Beziehungen zur Ki11che. So ist die geistliche Laufbahn für iihre Mi·tgJieder ganz üblich. Jim Rei:ch waren diese K<lein­

stände ein konservativer unrd gegenüber Veränderiun,gen feindlich ein­

geste'L1ter Faktor.

Der Uneinhe,itlichkeit des »dritten Deutsdhlarnd» gaben die geistlichen TerriJto;rien noch ihr eigenes Geprä,ge; auch unter ilinen, die eine Gesamt­

bevölkerung v,on zweieinviertPl MilHonen Einwohnern hatten, .gab es verschiedene »Rangsitufen».78 Off.ensichtHoh war sowohl die gei,sti,ge arl.s auch materielle Rückstä:ndiJgikeit der .geirstliohen Territor,ien,79 die sich andauernd den Mac-hitbestrebung,en der schwachen weltlichen Fürsten ausgesetzt sahen. Sie hatten ja keine Errbfo1ge in der Regierung, v,iel­

mehr 'bestimmte der j,ew,eilige geist.lirohe Herrscher die PoHtiJk nach eige­

nem Gutdünken oder nach dem seines Fürstengesohilechts. Die wichtigsten g,ei:stlichen Länder waren drei Kiurfü11Stenrtümer: die Er�bistümer Mainz (ca. 225 000), Köln (beinahe 200 000) und Trier (280 000 Einwohner). Diese und die 28 anderen eigentlichen ,geis·tilichen Fürntentümer hatten insge­

samt über zwei Millionen Einwohner. Dazu !kamen noch 24 kleine Ter­

ritorien, die von sog. Reichsprälaten (Reichsäbten, Reichspröbsten) beher-rscfüt wurden.

Info1ge der schwachen Zentralv,erwa1tung war da,s Reich nach außen sdhwaoh. Besonders deutli,cih war diese Schwäche auf militärirscihem Gebiet, so befand sich bei Ausbruch der Revo'lutiJonskri•eg,e das Militär 77 VaLentin I (1965) S. 279-281; Müller, HeLnrioh, Der Lebte Kampf der Reichsdtterschaft um ihr-e Selbständigke1t, Berlin 1910 (Nachdr. V.aduz 1965) S.

16, 19, 24-2•5. Vgil. Rössl•er, Hellmufü, Zwischen Revolution und Reark,tion, Göt­

tingen 1958, S. 50-51.

78 Dieser sowie die anderen Zahlen s,ind von Bruford. N!ach Hüffer wäre die Einwohnerzahl über 3 Mi1lionen g,ewesen, Hüf:fler II (1878) S. 193.

79 z.B. Herse (1949) S. 30-31. Der KJatolik Hüffer hat ,eine andere Meinung und er behauptet, daß die Verhältnissen in den geistlichen Territorien nicht schlimmer ails in selrnlär,en Terri:tor,i,en derselben Grösse w.aren. Hüffer II (1878) S. 194. Auch die Zeitgenossen bestritten gegeneinender streng daran, siehe später.

weitgehend in einem e!'lbärnnlkföen Zustand. Da,s gemeinsame Reichs­

heer war »eine aus sehr vielen kleinen Stücken zusammengesetzte sohwerbewegliche Maschine», das seit der Schlacht von Roßbach in einem sehr schlechten Ruf s.tand. Von den mittelgrnßen Lämdern hat1ten nur Hannover, Hessen-Kassel und das Kurfürstentum Sachsen gut organi­

sierte und ausgebildete Truppen. Die sächsischen Soldaten wurden in den Armeen des Bundesgenossen Preußen ausgebildet, die Hannoveraner und Hessen dag,egen kamen zu Erfahrung und Ruhm - wenn auch auf frag­

würdige Weis·e bei der Rekrutte11Unig - im DieIJJs'te Eng,l1ands. Das pfalz­

bayrische Heer war lk;Jein 'Ulnd befand sidh in desolatem Zustand und die geistlid1en Her,ren dachten oft wie der Fürntbisohof rvon Hildesheim, dessen Soldaten auf iihren Mützen die Aufschri,ft trag,en mußten: »Da pacem Domine in diebus no,stmis».8° Militärirsoh wurde da1s Retch noch dadurch gesohwächt, daß viiele Territorien an ,erklärten Reichskriegen nur in Form von finanziellen Alu:fiwen1dungen teilnahmen und keine Truppen zum Kri<egsschau,pla:tz scihiok!ten: so z.B. die r,eichste und größte Rerohsstadt Haimburg 1793-95.81 Eirnige Territorien wiederum beteilig­

ten sich überhaupt nicht an geme1nsamen Kriegsan:str,engungen. Zu die­

sen zählte besonders Däinemarik, dessen Ministeripräsiden,t Anders Peter Berinstor:fif sich hartnäckig weigerte, am Reichskrieg teilzunehmen, obwohl Hostein nach der Verfassung natürlich seinen Anteil hätte leis­

ten müssen,82 und auch Schw,eden, das 1s1oh nur ,tei:lweiise und dann auch nur tm Form von Geldaufwendungen betei.ligte.83 Die l!llteressenlosigikeit der Königreiche 'im Norden g,egenüber dem Reidh ,err,eg,te häufig Verär­

gerung in der »patrioti,sohen» deutschen Presse.84 Die Verteidigung des Reiches ruhte fast ausschließlich auf den Hau:ptmächten Preußen und Österreich und war in hohem Maße von -der Bereitsohaft und den Mög­

li'chketten zur Zusammenal'lbeilt dieser Länder a:bhäng1g. Diese Zusam­

mena11beit verlief von Alnfang an nur unter g,roßen Schwierigkeiten und hörte 1795 vöHig auf.

Der Ausbruch der g110ßen Französischen Revolution hatte auch :für Deutschland unmrtte1bar ,eine s'tark,e Wirikung. Ein gr-oßer Teil der Gebildeten, der Adel, die protestanhsohe Geistlidhkeit und das Büirgertum empfingen ihre Ideen mi,t Jubel. Herder, SoMUer, Ki1opsbock, Wieland,

80 Peritz (1850) S. 87-88.

81 Böttiger, Theodor Fr., Hamburgs Patrioten 1800-1814, Leipzig 1926, S.

2-3.82 Holm, Edvard, Danmark-Norges udenrigske historie I, K0benhavn 1875, s. 51-52, 78-80.

83 Dalgren, Lars, Sverige och Pommern 1792-1806, Uppsala 1914, S. 33-34.

84 Hokk,anen (1972).

Sohlözer, Kant und Fichte zählten alle ,a,nfang,s zu den Bewunderem der RevolUition und »•kleinere» Namen 1könnte man in die Hundenbe aufzäih­

len.85 Sogar Männer wie Johannes von Müller und F,riedriah Gentz, die später zu scharfen Gegnern der Revolution wurden, begrüßen sie anfangs mit Freude.86 Nach der Meinung der Lrutefügenz iin Deutschland sohien di,e Französische Rev,olutton alle Bes.trebungen der Aufikilärun1g, für die .sie sich einsetzten, zu verwtrkliichen; die 1bisher ästhetisch und phi­

lantr.opisch ausgeriohlteten Deutschen schiienen in ,einem Aug,enblick zu einem Volk von Politilkern gewovden zu sein.87 Aber tief in den Reihen des Volkes, dessen Zustimmung ernt die wivk!liche Ve1°brei'tung der Revolution im Reich ermöglicht hätte, blieb man ,dagegen ZJum überwi1e­

genden Terl passiv oder geradezu .aMehnend.88 Das bedeutet nicht, daß es an einigen 011ten unter dem Vo'lk keine Zushmmung zur Französisc­

hen Revolution gegeben hätte. SteHenweiise war der Beifall groß und ma:n zeigte ausgesprochene Lust dem Bei1spi1el Frankrei:chs zu folgen.

Sofort nach Ausbruch der Rev,olut1on i,m Sommer 1789 kam es zu lok•alen Bauernaufständen in Baden und in den ,anderen k,1ei!Il!eren T,erdtorien a:m Mittelrföein; besonders in Trier und i,m Januar dann in Köln und in den umlieg,enden Gebieten. Lm dar,auf :fid1genden Herbst kam :es in Sachsen zu ,schweren Bauernururuhen, die sich ,so ausbreiteten, daß iim August 1790 die Revolutionäre den g,rößten Teil des Kurfürstentums beherrschten, (wenn auch nicht die wichtigen Z.entren).89 Die g,rößte Anhäng.ersohaJlt fand die F,ranzösisch1e Revolution j,edo-oh in Mainz,90 wo 85 z.B. Mommsen, Wilhelm, Geschichte des Abend1andes v,0n französischen Revolution, München 1960, S. 65; K,emi,läinen (1956) S. 52; Str.e�sand (1961) S.

16-20; T1ainen (1971) .S. 51-55.

86 Spengler, K:arl, Die publizis,tische Tätig,kleit des Frefüerrn Adolf von K,nigg,e, D1ss. Bonn 1931, S. 19.

87 Joachimsen (1956) S. 42.

88 Vaij,avec, Fritz, Die Entstehung der pol1tischen Strömungen in Deutsch­

land 1770-1815, München 1951, S. 145; Franz, Günither, Die Geschichte des deutschen Bauernstandes vom frühen Mitte1aiter bi,s zum 19. J,ahrhundert, Stutt­

gart 1970, S. 17; Tiainen (1971) S. 51-55; Herse (1949) S. 17. Die Forschung in der DDR, die das Zeitalter der französ�schen Revolution behandel<t, betont Weite und Stäril�e der revolutionär,en Bewegung im Gegensatz der äl-teren »bürgerlichen»

F,orschung, z.B. ZfG 4/:1966 S. 686-687 (Hellmuth Book), 9/1969 S. 1133 (Heinrich Scheel) und 10/1971 S. 1326-1327 (Gerhard Becker). Diese T,endenz verursacht scheinbar Übertreibune, obwohl clP.r Fonschung selbst nützlich gewesen ist, daß auch diese früher zu wenig geforschte Sektoren mitgekommen sind.

89 Streisand (1961) S. 14-16; Voegt (1955) S. 12; Heillll, Otto, Heer,eswesen und Volksbewarnnung oin Vorderöster.r,eich im Zeitalter Josephs II. und der Revo­

lutionskriege, Diss. F,reiburg 1941, S. 28-29.

oo Droz, Jacques, Deutschland und dLe foarnzösisahe Revolution, Mainz 1955, s. 30.

sich in der Hauptstadt eines geiisthohen K:urfüristentums, das von einem konservativ,en Erzbischof regier.t wu11de, aiLl die Unzufriedenheit mit dem alten Reich und gerade mit den geilsHiohen Staaten zu lwnzentrieren schien.91 A1s Gründe für die relativ umfassend,e Untersitürtzung der revo­

lutionären Umsturzibewegung in Deutschland nennt JOACHIM STREI­

SAND aus der DDR drei: die alte Vevbi:ndu:ng der deutschen Intellektu­

ellen zu Fran1kreich und ihr Interesse an allem, was in Frankreich geschah; das schon damals in Deutschland aufsprießende Nationalgefühl, das die Revolution zu nä:hren sohien, und die Idee v,on Evolution und Fort­

sohritt, die die Diskussionen im aufgeklärten DeUltschland bestimmte und die ohne Zweifel die Fxanzösische Rev,olutiron zu bestimmen schien.92

In den folg,enden Jahren kam es zu neuen •revolutionären Aufständen in Deutschland. Das Zentrum war wieder das mainz-l!Jfälzi:sche Gebiet.

Duroh das Eing11eifen der französis•chen Truppen weiteten sich die Auf­

stände aus. Im Ma1i 1792 hatte Frankreich Öster,reioh den Krieg erklärt, das schon im Winter zusammen miit Preußen mit Interventionen gedroiht hatte. Zu Beginn der Revolution lag außenpolitisch das Hauptinteresse der deutschen Hauptimächite im Osten, in Ridhtung Polens und den Ba1kan; allerdings waren diese Interessen nicht glei!chgerJchtet. Graf von Hertzberg, der die Preußiischie Außenpolitik g,estiJmmte, war .ein alter Gegner Österireichs und verspraroh sidh V,arteile aus der Revo'1ution, die ·sich auch gegen das seit der Zeilt des Siebenjährigen K,rieges beste­

henden Bündni,s zwischen F,rank,reich und österreioh richtete. Ein drohender Krieg zwischen Preußen und Österrei:ch wurde von Engfand verhindmt, das von Anfang an wegen der Ereignisse in F,rankreich besorgt war und befürchtete, daß skh die Revolution schnell auf die österreichischen Niederlande ausbreiten würde. Lm Jalhire 1790 kam es in Preußen zu einem Machtwechsel, als Friedrich Wi!lhelm II. Heritzberg durch seirnen Günstling Bisohoffowerder ersetzte. Dieser wandte sich gegen Franikr.eich und unterstützte die Irrterv,en;tionspolitik. Die Verhand­

lungen zwirschen Bisch:offswerder und dem die österreichische Piolitilk bestimmenden Grafen von Cobenzl wuriden mit ,einem Bündnisver>trag abgeschfossen, der ;sich eindeuttg gegen Frankire1oh ,richtete. Kaiserin Katarina II. setzte sich für die Allierten ein. Im Sommer 1792 drangen die Truppen der Allierten in Frankreich ein und errangen überall Siege.

Die Offizirere der französischen Ar.mee waren zum größten Teil royalis­

tisch und 'keineswegs loyal gegenüber dem Vaterland eingestellt, das Republik g,eworden war. Ein großer T,eil der A11mee h1a1lte das Land als

91 Id.; Herse (1949) S. 31.

92 Streisand (1961) S. 18-21.

Emigrant verlassen und richtete jetzt seine Waffen gegen die eigenen La,n:dsleute; so vor allem das adeltg,e Ofüizieriko•r,ps. Am 20. Seprtembe,r kam es jedoch zu einer ü:ber,ra,schen1den und entsclheiidenden W•endung, die dazu führ.te, daß der Krieg sich über Jahre hinztehen so:J.,lte: die Franzosen errangen den ernten Sieg in der Kan:onade bei Valmy über die preußisc­

hen Heere, deren Vormarsch geg,en Paris so aufgehalten rwuride. Im fol­

genden Winter waren die Revorutionsarimeen a:n der Reihe zu siegen. Sie drangen rasch an die natürlichen Gremien F1ranlkreicfüs vior, zu den A[pen und an den Rhein. Für die reV1olutionären Bewegungen !i111 Deutschla111d eröffneten sich so völlig neue Mögföchke�ten.93

Die rheinischen Kleinfürsten wa:g,ten im ,al11gemeinen ni:ciht einma,l den Versuch, Widerstand zu leisten, sondern .flohen mit i1hrem Hof nach Osten über den Rhein. Vi,ele wichtige Städte gerieten ,so unter f.r,anzösische Herrschaft. Am meiisten Aufsehen erregte die Kapitulation des starik befestigten Mainz. D1e Ankunft der französilsclhen Truppen führte zur Vertreibung der erzbisohöfliichen ManrnsCJha.ft und 21u einem wirklichen Umsturz, so daß di,e schon fange auf der Seilte der Revdlu'tion stehenden Mainzer die Macht tn der Stadt übernahmen. Der vion A!Ildreas Hoffmann und Georg Forster gegründete Jakabinerklub übernahm die Führung in der Stadt.94 Der Führer der französischen Truppen, General Custine schuf 2Jwischen Mainz, Hanau und Bi,ngen ein Verwaltungsgebiet, in dem u.a.

die Verbreitung gegenrevolutionärer 1Sdhi6ften 1verboten und ,eine Reilhe sozialer Neuerungen durchgeführit wurde. Unter dem Schutz der fran­

zösischen Truppen riefen die Mainer KlUJbi!sten .um März 1793 einen 11hein­

deutschen Nationalfoonvent zusammen. Der Konvent eriklärte, daß sich das Rheingebiet vom Deutschen Reich gelöst habe unld rief die Mainzer Republik aus. Di,e feucrale 011dnung wurd,e beseittig1t. Der V.ersuch scheiterte jedoch am Gegenang,riiff der preufüsdhen T<11upipen vom Früh­

jahr 1793, der zur Be[ag,erung und Rückeroberung von Mainz führte. Wd.e man jedoch später !Sehen .sollte, blieb die 1revoluUonäre Einstellung der Mainzer ,erha.rten. Eine große Zahl von K1ubmi1tgli,edern und revolutiro­

nären Führern floh nach Frankreich, um dann ihäufüg als Beamte der Repub.Hk zurückzukehren, nachdem sich da1s Kriegsglück g,ewendet hatte.95 Die Unruhen ,breiteten sich nun stärker a!ls früher aus. In den Städten kam es zu k1eineren Aufständen und Empöriungen unter den

Handwerks-93 V,alentin I (1965) S. 326-330; Gaxotte, Pierre, Geschichte Deutschlands und der Deutschen II, Freiburg im Br. 1967, S. 106-107.

94 Eine gründliche Besohveibung über die Jak1obinmacht in Mainz z.B. Bene­

dey, Jakob, Die deutschen RepubH!mner unrter der fra:nzösi1Schen Repub1ik, Leipzig 1870; Herse ,(1949) S. 90-92.

95 Streisand {1961) S. 36-41.

geseHen, so u.a. in Nürföerg (1791), Bremen (1793) und Stuttgart {1794). Im Sommer 1794 streiiklten in Dresden 3000 Gesel!1en und Hamburg wurde in der Zeit vion 1791 bis 1794 fortwährend von Streiks und Unruhen heim­

g,esucfü,t. Auoh in Berilin kam es 1794 zu Zusammens,tößen zwischen Gesellen und Soldaten und zu Streilks. Der reV10lutionäre Mittelpunkt P.reußens l,ag jcedoch in Scihlesilen, wo die Empörung der Weber und anderer Handwerker das größte Ausmaß annaihim Uilld mit harten Maß­

nahmen unterdrückt werden mußte.96 Obgleich es noch �iel ,später zu Unruhen unter dem Volk kam, ,blieb füre Bedeutung und Wirkung fast bedeutungslos. Die unau:fig,eklärte Kilasse des Volkes veI1II11ochte niichit in entscheidender Weise an der ö:fifentliohen Diskussion teilzunehmen. Dtie deutschen Hauptstaaten behern1sohten die Situation voHkommen, und auch die •kleineren Ter["itorien waren dazu mehr ,oder weniger in der Lage.

Im ganzen gesehen nahm man in Deutsohlailld g,egeniliber einer gewa1t­

samen Revolution eine ablehnende Haltung ein.97

Im F,ebruar 1793 weitete sich der Krieg mi•t der Kriegserklärung Eng­

lands und seines Bundesgenossen Hio11and an Fra.Illkreicfü aus, das seinen König hing,er,ichtet hatte. EngJand begann gleichzeitig unter seinem energischen PremierminLster William Pitt (dem Jüngeren) eine große KoaliJtion gegen den Friedensstörer ,in Europa zu er,rich'ten. Es kam zu der ersten Koaiitilon gegen Frankreich, der sich außer den genannten Ländern noch Span1en, Neapel und Sardinien anschlossen, auß,erdem ver­

sprach Rußland die Koahtion zu unter,stützen. Für die Deutsohen war von Bedeutung, daß der Reichstag iJn Reg,ensburg F1riankrei,ch den Reichskrieg erklärte, auch wenn die Kriegsanstrengungen des gebrechlichen Reiches milt Ausnahme einrger TerritoriJen bedeutungslos b1eilben so,Hten. Man kann sagen, daß neben P.reußen un!d Öster,r,ei<oh nur Hessen-Kassel und Sachsen ihren Anteil an den Kri<eg;sbemühungen 11eisteten, während die anderen mehr oder weniger unwililig Knieg :führten.98

Das Kriegsg,lüok wechselte vion Seite zu Seite. Das Ja:hr 1793 begann

Das Kriegsg,lüok wechselte vion Seite zu Seite. Das Ja:hr 1793 begann