• Ei tuloksia

4 Struktur des Aussagesatzes und Definition des ersten Satzfelds

4.5 Außerhalb des EF/VF: Linkes Außenfeld und Parenthesen

Bestimmte Elemente, die im Bereich vor dem Finitum erscheinen können, sind nicht dem Satz und somit auch nicht dem Vorfeld zuzurechnen. Zifonun et al. (1997, 1577ff.) differenzieren zwischen vier Arten solcher syntaktisch nicht integrierten Einheiten. Nahezu dieselben Gruppen charakterisiert Dürscheid (1989, 23ff.) als

„strukturell unabhängig vom Matrixsatz“ und zählt sie daher ebenfalls nicht zu den eigentlichen Gliedern des Satzes.36 Auch im vorfiniten Bereich des finnischen Aus-sagesatzes erscheinen Elemente, die nicht als Satzglieder – als Ergänzungen oder als Angaben – gelten und somit in der vorliegenden Untersuchung nicht als Elemente des Erstfelds betrachtet werden.

Die nicht-integrierten Elemente in 4.5.1–4.5.3 stehen fast ausschließlich vor dem eigenlichen VF/EF, in einem Bereich, der hier in Anlehnung an Zifonun et al. (1997) als linkes Außenfeld bezeichnet wird. Parenthetische Einschübe (4.5.4) sind dagegen an vielen Stellen im Satz möglich.

4.5.1 Interaktive Einheiten

In der ersten Gruppe fassen Zifonun et al. (1997, 1577) diskursfunktionale Ausdrü-cke wie Interjektionen, Responsive und Anredeformen zusammen. Interaktionsaus-drücke in dieser Verwendung werden intonatorisch in den nachfolgenden Satz inte-griert:

49. Na, wie war‘s?

50. Ja, das stimmt.

36 Dürscheid (1989, 23ff.) verweist immerhin auf Autoren, die z. B. Vokative, Interjektionen und Konjunktionen zum Vorfeld zählen.

Auch im Finnischen sind diskursfunktionale Ausdrücke wie Interjektionen und An-redeformen vor dem eigentlichen Satzbereich typisch:

51. No, sehän meni hyvin! ‚Na, das ging ja gut!‘

52. Hei, siinähän sinä olet! ‚Ach, da bist du ja!‘

4.5.2 Koordinierende Ausdrücke

Außerhalb des Vorfeld-Bereiches stehen auch satzverknüpfende Konjunktionen:

53. Aber nicht nur in der Kleidung, auch in den Gesichtern und der Art der Bewegung werden Stammesmerkmale erkennbar.

Mutta heimokuntaa ei osoita ainoastaan vaatetus, vaan myös ilmeet ja liikkumistapa.

(Schneider 65)

Im Finnischen können einige Konjunktionen mit dem negierenden Hilfsverb ei zu-sammengefasst bzw. inkorporiert werden. Bei der parataktischen Satzverknüpfung, wobei der nachfolgende Satz negiert ist, wird an das Negationsverb die additive Fü-gekonjunktion -ka/-kä angeschlossen:

54. Minusta tuli vaalea, vaikka suvussa ei liiku vaaleita. Paitsi isän pikkusisko, eikä hän-kään ole niin vaalea kuin minä.

Ich bin blond, obwohl es in unserer Familie keine Blondhaarigen gibt. Abgesehen von Vaters Großkusine, und selbst die ist nicht so blond wie ich. (Härkönen 96–98)

Auf gleiche Weise wird anstatt mutta ei ‚aber nicht‘ häufig der Ausdruck muttei ge-braucht. Auch die inkorporierten Konjunktionen können als keine syntaktisch inte-grierten Teile des Satzes angesehen werden.

4.5.3 Thematisierungsausdrücke

Als Thematisierungsausdrücke bezeichnen Zifonun et al. (1997, 1579) solche Aus-drücke, die vorwegnehmend das Thema des Satzes nennen, das dann im Satz selbst mittels wiederaufnehmender Ausdrücke (anaphorisch oder anadeiktisch) fortge-führt wird: Im Wald, da sind die Räuber […]. Wie das folgende Beispiel (55) zeigt, kann der Thematisierungsausdruck auch ein vorwärtsweisendes Pronomen, d. h.

eine Katapher (in 55 es), enthalten:

55. Auch wenn du es vielleicht vergessen hast – ich werde mich immer an die Stunden in deiner Werkstatt erinnern, an deine unendlichen Erzählungen über Steine, und auch daran, wie du mich eingeweiht hast in das Geheimnis ihrer Dauer. (Lenz 39)

Konzessivsätze, die vor dem Vorfeldbereich (im so genannten Vorvorfeld) auftre-ten, bezeichnet Wolf (1998, 93ff.) als „metakommunikative Nebensätze“, weil sie zur

„Ankündigung“ einer Sprechhandlung dienen und somit – wie Schanen (1993, 158) feststellt – eine kommunikative Lenk- und Orientierungsfunktion haben.

4.5.4 Parenthetische Sätze

Satzförmige parenthetische Einschübe sind im Deutschen an vielen Stellen des Trä-gersatzes möglich. Nach Zifonun et al. (1997, 1580) können sie nicht zum Satzbereich gehören, weil sie keine (notwendige) syntaktische Funktion in dem sie umgebenden Satz haben. Entsprechendes dürfte für das Finnische gelten:

56. Beim erstenmal aber, davon war dann immer wieder die Rede, hatten sie sich zu Os-tern, an einem kalten, windigen, regnerischen Tag, und von hinten her, über die Hügel, an das Dorf herangemacht.

Mutta ensimmäisellä kerralla, ja siitä sitten puhuttiin vielä moneen kertaan, he olivat lähestyneet kylää pääsiäisen tienoissa, kylmänä, tuulisena, sateisena päivänä, ja vielä takaa päin, kukkuloiden puolelta. (Wolf 98)

57. Damals, so reden wir heute, haben wir gelebt.

Silloin, niin sanomme nyt, silloin me todella elimme. (Wolf 11)

Die parenthetischen Sätze erscheinen mir weniger charakteristisch für das Finnische als das Deutsche zu sein, aber dieser Frage müsste im Rahmen einer eigenen Unter-suchung nachgegangen werden.

4.6 Fazit

In diesem Kapitel wurden allgemeine Prinzipien der Wortstellung im Deutschen und im Finnischen diskutiert, die u. a. darüber entscheiden, was im Aussagesatz als erstes Satzglied auftreten kann. Das Ziel der Diskussion war keine erschöpfende Darstellung der Möglichkeiten und Besonderheiten der Linearstruktur, sondern von Relevanz war vor allem, die wichtigsten Regeln und Gewohnheiten zu erfassen und kontrastierend darzustellen, die die Wortstellung in den beiden Sprachen steuern.

Anhand von theoretischen Ansätzen (Vilkuna 1989, Hakulinen et al. 2004, Zifonun et al. 1997, usw.) und auf der Grundlage der Korpusresultate ließen sich sowohl für das Deutsche als auch für das Finnische drei grundsätzliche Stellungsvarianten etab-lieren: 1) die Grundfolge, 2) die TOP-Folge und 3) die Abfolge mit dem 1. Argument als Rhema.

Die TOP-Folge kann als eine Erweiterung der Grundfolge angesehen werden, während das dritte Muster eher eine Verkehrung der Grundfolge darstellt. Alle drei Lineartypen – wie auch die weiteren Permutationsmöglichkeiten, die zumindest im Finnischen vorliegen – sind entstanden, um spezifischen Diskurszielen zu dienen.

Die Grundfolge stellt im prototypischen Fall eine neutrale, auch kontextlos verwend-bare Abfolge dar, wobei als Erstglied das 1. Argument des Verbs bzw. des Satzmusters erscheint (vgl. Abschnitt 2.4). Die große Verwendungshäufigkeit der Grundfolge (vgl.

Tabelle 7) kann einerseits dadurch begründet werden, dass es sich um eine diskursiv besonders wichtige Stellungsfolge handelt; andererseits kann dies darauf verweisen, dass Sprachproduktion weitgehend (aber nicht nur) nach vorgegebenen Mustern und Formeln abläuft.

Die TOP-Folge erlaubt dem Sprecher, verschiedene grammatische Elemente als Topik zu setzen – Umstandsangaben, verbnahe Ergänzungen sowie Teile der Verb-kette. Bei der TOP-Folge ist das Topik im typischen Fall akzentuell hervorgehoben und kontrastiv. Normalerweise führt es neue thematische Aspekte in den Text ein – häufig allerdings in Verbindung mit alten Informationen, die die Relation des To-piks zu vorherigen Textthemen anzeigen. Auch bei der Grundfolge kann das Topik neu und/oder kontrastiv sein.

Die Möglichkeit, bei der Darstellung einer Proposition von den Umständen aus-zugehen, wird auf der Basis der vorliegenden Korpusanalyse im Deutschen deutlich öfter in Anspruch genommen als im Finnischen. Die Gründe für diese Differenz, die zumindest auf den ersten Blick nicht sprachstrukturell begründet erscheinen (weil im Finnischen die Topikalisierung von Angaben in grammatischer Hinsicht keines-wegs eingegrenzter ist), werden in Abschnitt 5.2 erörtert.

Die Grundfolge sowie die Abfolge mit rhematischem 1. Argument wird im Deut-schen und im FinniDeut-schen prinzipiell auf die gleiche Art realisiert. In beiden Stel-lungsmustern findet sich das Verb auch im Finnischen typischerweise in der Zweit-position; wenn aber das 1. Argument rhematisch ist, so ist es auch möglich, dass vor dem Verb sowohl ein stellvertretendes T-Element als auch ein K-Element auftreten, wobei das Verb die Drittstellung einnimmt. Die TOP-Folge ist im Deutschen und im Finnischen unterschiedlich, weil dann das alte T – zumeist das Subjekt – im deut-schen Aussagesatz in die Drittstellung verschoben wird, im Finnideut-schen jedoch seine Position vor dem finiten Verb bewahrt. Das finite Verb stellt im Deutschen somit eine Grenze zwischen dem Topik und dem Restsatz dar, im Finnischen dagegen eine Grenze zwischen altem und neuem Subjekt.