• Ei tuloksia

7. Die Stellung der Negationen im Vergleich

9.1 Die Abituraufsätze der 2010er Jahre

9.1.2 Die Fehler der finnischsprachigen Abiturienten

9.1.2 Die Fehler der finnischsprachigen Abiturienten

Bei den meisten Fehlern der finnischsprachigen Abiturienten der 2010er Jahre geht es um Verwechslungen zwischen nicht und kein und Verwechslungen zwischen der Satz- und Sondernegation. Außerdem erscheinen Fehler bei der Stellung der Satznegation im Verhältnis zu Temporalangaben und zu Pronomen sowie eine falsche Doppelnegierung im Satz. In den Sätzen der finnischsprachigen Abiturienten sind mögliche Interferenzen wegen der großen Unterschiedlichkeit der Sprachen Deutsch und Finnisch sehr schwierig zu erkennen. Die Stellung der deutschen Satznegation nicht und des finnischen Negationsverbs ei ist ganz unterschiedlich, weswegen es fragwürdig ist, ob die Abiturienten die Negationen der beiden Sprachen überhaupt gleichsetzen können. Interferenzen sind auch deshalb schwierig in den Sätzen der Abiturienten zu erkennen, weil die Sätze oft auf mehrere unterschiedliche Weisen ins Finnische übersetzt werden können und weil nicht herausgefunden werden kann, ob die Abiturienten ihre Muttersprache bei der Textproduktion benutz haben, und wie die Muttersprache in dem Fall die Produktion der deutschen Sätze beeinflusst hat.

Zunächst werden die Fehler der finnischsprachigen Abiturienten dargestellt. Den Sätzen der Abiturienten folgen die finnische Übersetzung, die deutsche wörtliche Übersetzung des finnischen Satzes und zuletzt der korrigierte deutsche Satz. D΍͎ „͎ͮ΍ιϼ΍΀ GΟέππ΍Φ΀ ΊϥΟ͎πΎ (ΔΊ͎ ͎ͮ΍ιϼ΍΀ GΟέππ΍Φ΀ ΊϥΟ͎π 2015· 1–5) werden in den wörtlichen Übersetzungen ausgenutzt.

Fehler bei der Stellung der Satznegation im Verhältnis zu Temporal adverbialien 1 a.

Der Satz 1 a. kann auch auf folgende Weise ins Finnische übersetzt werden:

En ole tehnyt niin paljon tänään.

Nicht-1Sg. habe gemacht so viel heute.

Temporalangaben, die von der Sichtweise des Sprechers nicht abhängig sind, wie heute, stehen vor der Satznegation (vgl. Kap. 4.1.3 S. 15). Im finnischen Hauptsatz treten die Temporalangaben meistens am Anfang oder am Ende des Satzes auf (vgl. Kap. 6.1.2 S. 41–42). Eine Interferenz im Satz 1 a. ist schwierig zu erkennen, obwohl die Temporalangabe nach dem Negationsverb im Finnischen stehen kann. Die Wortstellungen im Deutschen und im Finnischen zeigen sonst große Unterschiede, denn die Satzglieder im Vergleich stehen im Mittelfeld im Deutschen, während sie im Finnischen eher die Positionen am Anfang und am Ende des Satzes einnehmen.

Fehler bei der Stellung der Satznegation im Verhältnis zu Pronomen 25 a.

Es ist schon sehr lange Zeit wir haben nicht

On kulunut jo paljon aikaa, emmekä13 ole nähneet toisiamme.

Es ist vergangen schon viel Zeit, nicht-1Pl.-und haben gesehen einander.

Es ist schon eine sehr lange Zeit her und

ein andern gesehen.

wir haben einander nicht gesehen.

25 b.

Ich will nie ihr (eine Gastfamilie) vergessen.

En tule koskaan unohtamaan heitä.

Nicht-1Sg. werde nie vergessen sie.

Ich werde sie nie vergessen.

Ei koskaan = nie (hier in der 1. Pers. Sg. En koskaan)

Die Negationen nicht bzw. nie dienen als Satznegationen in den Sätzen 25 a. und 25 b. Sollen die Negationen als Sondernegationen auftreten, müssten die Sätze mit sondern fortgesetzt werden (vgl. Kap. 4.1.2 S. 12). Im Verhältnis zum Pronomen einander ist die Stellung der Satznegation nicht nach dem Pronomen. Ebenso ist die richtige Stelle des negativen Pro-Adverbs nie nach dem Personalpronomen sie. (vgl. Kap. 4.1.3 S. 16 und 4.2 S. 18). Im Finnischen stehen die Objekte, auch wenn sie als Pronomen vorkommen, normalerweise nach dem Negationsverb in einem unmarkierten Satz (vgl. Kap. 6.1.2 S. 41). In beiden Sätzen 25 a. und 25 b. stehen die Pronomen toisiamme und heitä nach dem Negationsverb. Aufgrund der großen Unterschiedlichkeit der

13 Das Wort emmekä ist eine Verschmelzung des Negationsverbs und der Endung –kä (Hakulinen et al. 2010: 1541).

Die Verschmelzung trägt die Bedeutung und nicht, in diesem Fall und wir nicht.

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Sprachen Deutsch und Finnisch kann in diesen Sätzen von eindeutigen Interferenzen allerdings nicht die Rede sein. In den deutschen Sätzen geht es um die Reihenfolge der Negation und des Pronomens im Mittelfeld, während in den finnischen Übersetzungen die Satzglieder im Vergleich (die Negation und das Pronomen) weit weg von einander am Anfang und am Ende des Satzes auftreten.

Die Verwechslungsfehler zwischen nicht und kein

Die Verwechslung zwischen nicht und kein ist gewöhnlich bei den Abiturienten. Nicht wird häufig verwendet, auch wenn kein verwendet werden sollte. Das finnische Negationsverb ei entspricht in der Regel sowohl der Negation nicht als auch der Negation kein. Kein wird auch manchmal durch die Endungen -kaan, -kään zusammen mit dem Negationsverb im Finnischen realisiert (vgl. Kap. 7.2 S. 55). In einem der folgenden Sätze der finnischsprachigen Abiturienten steht kein als Negation, obwohl nicht als Negation auftreten muss. In den anderen Sätzen wird nicht fehlerhaft statt kein verwendet. Die Abiturienten stellen die Satznegation nicht häufig vor das Objekt oder früher als sie stehen sollte. Wäre nicht in den fehlerhaften Sätzen die richtige Negation, würde sie also trotzdem falsch platziert sein (vgl. Kap. 4.1.2 S. 16–17). Obwohl die Wortstellung im Finnischen sehr frei ist, steht das Negationsverb ei meistens früher im Satz als die deutsche Satznegation nicht in Sätzen, die ein Kasusobjekt mit einem bestimmten Artikel enthalten. Die Annahme, dass die Fehler in den folgenden Sätzen der Abiturienten Interferenzen wären, ist allerdings weit hergeholt.

Wahrscheinlicher ist, dass die Abiturienten die Verwendung der Negation kein einfach vergessen, was den häufigen Gebrauch der Negation nicht erklären könnte. In dem Fall geht es nicht um Interferenzen, sondern um intralinguale Fehler (vgl. Kap. 2.3 S. 7–8). Nach der Darstellung der Sätze der Abiturienten wird nicht getrennt erläutert, ob der jeweilige Fehler möglicherweise eine Interferenz ist oder nicht. Die Ursachen der Fehler in den folgenden Sätzen sind nicht mit Sicherheit zu erkennen.

1 b.

Und ich habe nicht gut Kleider!

Ja minulla ei ole hyviä (sopivia) vaatteita!

Und ich nicht.3Sg. habe gute (passende) Kleider!

Und ich habe keine gute Kleidung!

Der Satz 1 b. kann auch auf folgende Weise ins Finnische übersetzt werden:

Eikä14 minulla ole hyviä (sopivia) vaatteita!

Nicht-und ich habe gute (passende) Kleider!

Das Objekt Kleider oder lieber Kleidung im Satz 1 b. kann als etwas Unspezifisches (im Sinne von etwas, was geeignet für die Schreiberin ist) bezeichnet werden. Kein muss also als Negation auftreten (vgl. Kap. 4.4 S.

14 Das Wort eikä ist eine Verschmelzung des Negationsverbs und der Endung –kä (Hakulinen et al. 2010: 1541). Die Verschmelzung trägt die Bedeutung und nicht.

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20–21). Den Satz mit nicht zu negieren, wäre allerdings nicht unmöglich. Das Objekt müsste in dem Fall dem Subjekt vorangestellt sein: Und gute Kleidung habe ich nicht! In der finnischen Übersetzung steht das Negationsverb zusammen mit Ja (Und) oder ist mit der Endung -kä verschmolzen.

6.

synnynnäinen fyysikko, tarvitsen sen (kirjan) takaisin, jotta voisin lukea

angeborener Physiker, brauche ich es (das Buch) zurück, damit ich könnte lesen

weil ich kein angeborener Physiker bin, brauche ich

zurück, so ich ein bisschen lesen kann.

vähän.

ein bisschen.

es (das Buch) zurück, damit ich ein bisschen lesen kann.

Zusammen mit Berufswörtern als Prädikative, wie Physiker im Satz 6, wird normalerweise kein als Negation verwendet. Nicht als Negation könnte noch akzeptabel sein, wenn der Satz kein Adjektivattribut enthielte.

Das Attribut angeboren verlangt allerdings kein als Negationswort (vgl. Kap. 4.4 S. 21–22).

18 a.

Der Rezeptionist sagte, dass es nicht anderen zimmer gab.

Hotellin vastaanottovirkailija sanoi, ettei muita huoneita ollut vapaana.

Das Hotels Rezeptionist sagte, dass-nicht andere Zimmer waren frei.

Der Rezeptionist sagte, dass es keine anderen Zimmer gab.

In den Sätzen 18 a, 18 b und 20 muss die Negation kein auftreten. Der Grund dafür ist, dass die Objekte als nicht-referentielle Indefinita, genauer gesagt als unspezifische Wörter interpretiert werden: Zimmer im Satz 18 a ist ein für den Schreiber geeignetes Zimmer, Arbeit im Satz 18 b ist eine für die Situation geeignete Arbeit und mit dem Objekt Job im Satz 20 wird ein für eine Person oder für die Situation geeigneter Job gemeint (vgl. Kap. 4.4 S. 20–21). Da die negierten Objekte in Nebensätzen stehen, ist eine Negierung mit nicht unmöglich.

28.

Man kann nicht besser Familie wünschen!

Ei voisi toivoa parempaa perhettä.

Nicht.man könnte wünschen eine bessere Familie.

Man könnte sich keine bessere Familie wünschen.

Beim Satz 28 handelt es sich um eine Gastfamilie, die der Abiturienten sehr nett gefunden hat. Wäre der Satz positiv, stünde der unspezifische Artikel eine vor dem Objekt Familie. Familie kann als ein nicht-referentielles Indefinitum verstanden werden, denn es geht um eine nicht näher identifizierte Familie. Aus diesen Gründen muss kein als Negation auftreten, es sei denn der Satz fängt mit dem Objekt an: Eine bessere Familie kann man sich nicht wünschen. (vgl. Kap. 4.4 S. 20–21). Im finnischen Satz steht das Negationsverb am Satzanfang, aber es könnte auch später im Satz auftreten, z.B.: Parempaa perhettä ei voisi toivoa. Wörtlich: Eine bessere Familie man nicht könnte wünschen.

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mielestäni ole mikään suurempi ongelma.

meiner Meinung nach ist kein größeres Problem.

das ist meiner Meinung nach kein größeres Problem.

Im Satz 22 ist die Verneinung mit kein ungrammatisch, denn der Quantifikator viel steht im Satz. Der Satz wäre korrekt ohne das Attribut: /, dass du kein Geld hast, /. Wenn der Abiturient aber sagen will, dass die Person nicht ganz ohne Geld lebt aber auch nicht viel hat, muss der Quantifikator viel im Satz auftreten, aber in dem Fall muss nicht als Negation vor dem Quantifikator stehen. Keine Interferenz ist zu sehen, denn das Negationsverb ei, eine finnische Entsprechung von nicht, steht sowieso im finnischen Satz, und zwar an einer anderen Stelle (mit der Konjunktion zusammen verschmolzen) als die Negationen nicht oder kein.

Fehler bei der Stellung der Satznegation im Verhältnis zu Kasusobjekten oder Verwechslungsfehler zwischen der Satz - und Sondernegation

Im Deutschen steht die Satznegation normalerweise nach reinen Kasusobjekten. Eine dem Kasusobjekt vorangestellte Negation wird als eine Sondernegation interpretiert (vgl. Kap. 4.1.2 und 4.1.3 S. 16). Im Finnischen steht die Negation normalerweise vor dem Objekt in einem unmarkierten Satz, kann aber trotzdem verschiedene Positionen einnehmen, weswegen Interferenzen in den fehlerhaften Sätzen der finnischsprachigen Abiturienten sehr schwierig oder unmöglich zu erkennen sind (vgl. Kap. 6.1 S. 35–36 und Kap. 6.1.2 S. 40). Bei den Verwechslungsfehlern zwischen der Satz- und Sondernegation handelt es sich zumeist um Fehler bei der Stellung der Satznegation im Verhältnis zu Kasusobjekten. Diese Fehlertypen werden deswegen unter derselben Überschrift behandelt. Andere Fälle, in denen die Sondernegation fehlerhaft statt der Satznegation verwendet wird, sind solche, wo die Negation zusammen mit Pronomen vorkommt (vgl. Kap. 9.1.2 S. 74). In den folgenden Sätzen der Abiturienten steht die Negation nicht fehlerhaft als Sondernegation vor dem Objekt. Aus dem Kontext in den Sätzen kann allerdings geschlossen werden, dass die Negationen als Satznegationen dienen sollten. Sollten sie als Sondernegationen interpretiert werden, müssten die Sätze mit sondern erweitert werden (vgl. Kap. 4.1.2). Wegen des großen Unterschieds zwischen der deutschen und der finnischen Negation können Interferenzen hier nicht erkannt werden.

7.

Auch habe ich nicht mein Fysikbuch finden.

En ole myöskään löytänyt fysiikankirjaani.

Nicht-1Sg. habe auch gefunden mein Physikbuch.

Auch habe ich mein Physikbuch nicht gefunden.

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Der Satz 13. wird sowohl mit dem Negationsverb emme als auch mit der Endung -kaan im Wort sanaakaan (kein Wort) in der finnischen Übersetzung negiert. Im Deutschen kann nur eine Negation verwendet werden, sonst wird die negative Bedeutung aufgehoben. Im positiven Satz stünde ein als Artikel vor dem Objekt Wort, weshalb das Objekt richtig mit kein negiert wird. Das Objekt muss auch als etwas Unspezifisches, im Sinne von einem beliebigen Wort, interpretiert werden (vgl. Kap. 4.4 S. 20–21). Im Satz 13 liegt eine potenzielle Interferenz vor, denn im Finnischen wird der Satz zweimal negiert. Die Endung -kaan an einem Wort steht ja immer zusammen mit dem Negationsverb.

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